§ 22 Nr. 1 S. 1 EStG: Wiederkehrende Bezüge i.S.d. § 22 Nr. 1 S. 1 EStG sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die einer Person auf Grund eines bestimmten Verpflichtungsgrundes oder wenigstens auf Grund eines einheitlichen Entschlusses mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch nicht immer in gleicher Höhe – zufließen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, sofern die Steuerbefreiung wegen einer schädlichen Gegenleistung abzulehnen ist. In anderen Fällen ist hinsichtlich der Steuerbarkeit fraglich, ob die erhaltenen Zahlungen nur die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Empfängers erhöhen müssen, oder ob solche Bezüge, die freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht gewährt werden, nicht durch eine Leistung erwirtschaftet und daher dem Empfänger nicht zuzurechnen sind[20].

Für die Steuerbarkeit von Stipendien spricht, dass § 3 Nr. 44 EStG strenge Anforderungen an die vergebende Stelle, das Vergabeverfahren und die Höhe des Stipendiums stellt. Dies deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber von einer Steuerbarkeit ausgeht. Es wäre nicht verständlich, wenn nach einer intensiven Prüfung und Verneinung der Voraussetzungen des § 3 Nr. 44 die Bezüge wegen fehlender Steuerbarkeit nicht der Besteuerung unterworfen würden. Außerdem kommt in der differenzierten Regelung des § 22 Nr. 1 S. 2 EStG zum Ausdruck, dass grundsätzlich jeder regelmäßig wiederkehrende Zufluss, der mit einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit verbunden ist, steuerbar ist. Eine Ausnahme hiervon regelt § 22 Nr. 1 S. 2 Halbs. 1 EStG aber für den Fall, dass die wiederkehrenden Bezüge freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht gewährt werden. Rückausnahmen hiervon enthält § 22 Nr. 1 S. 2 Halbs. 2 Buchst. a und b EStG. Wiederkehrend gewährte – nicht einer vorrangigen Einkunftsart zuzuordnende – Stipendien sind somit nur dann nicht steuerbar, wenn

§ 22 Nr. 3 EStG: Über den Umweg eines Vergleichs mit § 22 Nr. 1 S. 1 EStG ergibt sich damit das Erfordernis einer Gegenleistung auch für § 22 Nr. 3 EStG. Diese für die Steuerbarkeit notwendige Voraussetzung fehlt insbesondere, wenn der Zahlende lediglich einen (übergeordneten) gesellschaftspolitischen Zweck verfolgt. Die Entscheidung über die Auszahlungsform des Stipendiums (Einmalzahlung oder ratenweise Auszahlung) soll nur sicherstellen, dass der Stipendiat sich tatsächlich dem geförderten Projekt widmet. Eine unterschiedliche steuerliche Behandlung lässt sich daraus nicht rechtfertigen.

Abzulehnen[22] ist die Ansicht, für eine Steuerbarkeit von wiederkehrend gewährten Zuschüssen oder sonstigen Vorteilen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG bedürfe es keiner (Gegen-)Leistung des Zahlungsempfängers[23]. Verzichtet man darauf, würde das bedeuten, dass entgegen § 22 Nr. 1 S. 2 Halbs. 1 EStG freiwillig bzw. aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht gezahlte Zuschüsse oder sonstige Vorteile immer steuerbar wären[24].

[20] Zum Streitstand: s. FG Düsseldorf v. 8.5.2018 – 13 K 614/17 E, EFG 2018, 1372; Heigl, FR 2020, 724 und Fischer in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl. 2021, § 22 Rz. 4.
[21] BFH v. 8.7.2020 – X R 6/19, BFH/NV 2021, 244 = EStB 2021, 63 (Günther).
[23] So noch OFD Frankfurt v. 23.7.2018 – S 2121 A - 013 3 St 213, DStR 2018, 1719 (1721) für eine Einmalzahlung i. R.d. Thüringen-Stipendiums für Assistenzärzte.
[24] BFH v. 8.7.2020 – X R 6/19, BFH/NV 2021, 244 = EStB 2021, 63 (Günther).

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