Leitsatz
Werden privat und ohne Veräußerungsabsicht angeschaffte bewegliche Wirtschaftsgüter veräußert, kann dies auch dann der letzte Akt der privaten Vermögensverwaltung sein, wenn die Veräußerung über einen langen Zeitraum und in zahlreichen Einzelakten ausgeführt wird. Allein die Verwendung einer auch von gewerblichen Händlern genutzten Internetplattform führt zu keinem anderen Ergebnis.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 EStG, § 2 Abs. 1 GewStG, § 344 Abs. 1 HGB
Sachverhalt
Der Kläger bot über seinen Internet-Shop Modelleisenbahnen und Zubehörartikel sowie Reparaturen an. Das FA erfuhr im Rahmen einer Prüfung, dass der Kläger weitere Umsatzerlöse in den Streitjahren aus ca. 1.500 Verkäufen über die Internetplattform "eBay" im Rahmen seiner Gewinnermittlung nicht berücksichtigt hatte. Gegen die insoweit geänderten Bescheide richtete sich die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage.
Der Kläger trug vor, die über eBay verkauften Modelleisenbahnen stammten aus einer privat aufgebauten Sammlung und seien nicht zum Zwecke eines späteren Verkaufs erworben worden. Er habe die Sammlung jedoch verkaufen müssen, um den Internet-Shop zu finanzieren. Die im Internet-Shop angebotenen Modelle habe er in einem anderen Haus aufbewahrt als seine Sammlerstücke. Die Klage hatte keinen Erfolg (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.8.2018, 4 K 1593/16, Haufe-Index 13203204, EFG 2019, 1192).
Entscheidung
Die Revision des Klägers war begründet. Die finanzgerichtlichen Feststellungen reichten nicht aus, um zu entscheiden, ob die vom Kläger verkauften Modelleisenbahnen aus dessen Privatsammlung stammten. Der BFH hob das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Hinweis
Verkäufe von Gegenständen des Privatvermögens, wie z.B. von privaten Sammlungen, über Internetplattformen, insbesondere über eBay, werden immer beliebter. Dieses Urteil gibt Hinweise darauf, wann diese Verkäufe zu gewerblichen Einkünften führen können.
Es sind zwei Situationen zu unterscheiden: Der Steuerpflichtige unterhält bereits einen Gewerbebetrieb, dem die Verkäufe der Gegenstände zuzurechnen sein könnten (unter 1.), oder die eBay-Verkaufstätigkeit ist für sich allein betrachtet als gewerblich anzusehen (unter 2.).
1. Nach § 344 Abs. 1 HGB gelten die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte, und damit auch die eBay-Verkäufe, im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig. Branchenübliche Geschäfte werden demnach regelmäßig im betrieblichen Bereich abgewickelt; diese Geschäfte sind dem Gewerbebetrieb zuzurechnen.
a) Eine Aussonderung privater Geschäftsvorfälle aus ständig im Betrieb vorkommenden Geschäften kann aber nicht schlechthin ausgeschlossen werden, denn auch die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte gelten nach § 344 Abs. 1 HGBnur im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig.
b) Die Vermutung ist widerlegt, wenn aufgrund objektiver Umstände die fehlende Betriebszugehörigkeit feststeht. Die Nutzbarmachung beruflicher Erfahrungen, Kenntnisse und Verbindungen ist für sich allein nicht ausreichend, um eine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen, ebenso wie die Verwendung der Erlöse aus den (privaten) Veräußerungen zur Finanzierung des Gewerbebetriebs.
c) Für die Anerkennung von Privatvermögen muss der Steuerpflichtige anhand objektiver Umstände darlegen, dass er die entsprechenden Wirtschaftsgüter eindeutig vom betrieblichen Bereich getrennt hat und die Geschäftsvorfälle privat veranlasst sind. Andernfalls sind die Wirtschaftsgüter notwendiges Betriebsvermögen.
2. Eine eBay-Verkaufstätigkeit ist für sich allein betrachtet als gewerblich anzusehen, wenn die Betätigung über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinausgeht.
a) Zwar ist eine typische gewerbliche Tätigkeit der Handel, der durch die wiederholte Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern i.S. eines marktmäßigen Umschlags von Sachwerten gekennzeichnet ist. Die Veräußerung kann aber auch zum "Bild" der Vermögensverwaltung gehören, wie der BFH im Rahmen des gewerblichen Grundstückshandels entschieden hat (BFH, Urteil vom 15.3.2000, X R 130/97, BStBl II 2001, 530). Für den X. Senat ist kein Grund dafür erkennbar, dass die Veräußerung zahlreicher beweglicher Gegenstände anders gehandhabt werden sollte als die von Grundstücken.
b) Baut der Steuerpflichtige daher aus privatem Interesse eine Sammlung auf und fasst er erst zu einem späteren Zeitpunkt den Entschluss, diese en bloc oder in Einzelakten wieder zu veräußern, ist dies der letzte Akt der privaten Vermögensverwaltung. Ein händlertypisches Verhalten liegt nicht vor, da es gerade an einem das Bild des handelnden Gewerbetreibenden prägenden Warenumschlag fehlt.
c) Zwar kann ein privater Sammler aufgrund anderer Gesichtspunkte "wie ein Händler" aktiv werden. Die Verwendung einer auch von gewerblichen Händlern benutzten Internetplattform allein reicht aber nicht aus. Eine solche ermöglicht es auch privaten Nutzern, auf einfache Weise private Gegenstände zu veräußern. Eine besonder...