Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßnahmen zur Verhinderung der Steuerumgehung im Rahmen der Übertragung von Grundvermögen durch das Zwischenschalten gesellschaftsrechtlicher Formen, Besteuerung der Übertragung von Wertpapieren
Leitsatz (amtlich)
Die Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital und insbesondere deren Art. 11 Buchst. a und 12 Abs. 1 Buchst. a stehen einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der in Art. 108 Abs. 2 des Gesetzes 24/1988 vom 28. Juli 1988 über den Wertpapierhandel in der durch das Gesetz 18/91 vom 6. Juni 1991 geänderten Fassung nicht entgegen, die zum Zweck der Verhinderung der Steuerumgehung im Rahmen der Übertragung von Grundvermögen durch das Zwischenschalten gesellschaftsrechtlicher Formen Übertragungen von Wertpapieren der Steuer auf vermögensrechtliche Übertragungen unterwirft, wenn diese Übertragungen Teile des Gesellschaftskapitals von Unternehmen betreffen, deren Aktiva zu wenigstens 50 % aus Grundvermögen bestehen, und der Erwerber infolge einer derartigen Übertragung eine Position erlangt, die es ihm ermöglicht, die Kontrolle über das in Rede stehende Unternehmen auszuüben, und zwar selbst in den Fällen, in denen zum einen die Umgehung der Steuer nicht beabsichtigt war und zum anderen es sich um Gesellschaften handelt, die vollständig wirtschaftlich tätig sind, und das Grundvermögen nicht von der wirtschaftlichen Tätigkeit dieser Gesellschaften getrennt werden kann.
Normenkette
EWGRL 335/69 Art. 11 Buchst. a, Art. 12 Abs. 1
Beteiligte
Dirección General de Tributos de la Consejería de Economía y Hacienda de la Comunidad Autónoma de Murcia |
Verfahrensgang
Tribunal Supremo (Spanien) (Urteil vom 24.09.2009; Abl.EU 2010, Nr. C 63/20) |
Tatbestand
„Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung ‐ Richtlinie 69/335/EWG ‐ Indirekte Steuern ‐ Ansammlung von Kapital ‐ Übertragung von Wertpapieren ‐ Gesellschaftskapital, das mehrheitlich aus Grundvermögen besteht“
In der Rechtssache C-487/09
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunal Supremo (Spanien) mit Entscheidung vom 24. September 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 30. November 2009, in dem Verfahren
INMOGOLF SA
gegen
Dirección General de Tributos de la Consejería de Economía y Hacienda de la Comunidad Autónoma de Murcia
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader, des Richters L. Bay Larsen und der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin),
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: R. Grass,
gemäß Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung, wonach der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden kann,
nach Anhörung des Generalanwalts
folgenden
Beschluss
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 11 Buchst. a und 12 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. L 249, S. 25, im Folgenden: Richtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der INMOGOLF SA (im Folgenden: INMOGOLF) und der Dirección General de Tributos de la Consejería de Economía y Hacienda de la Comunidad Autónoma de Murcia (Generaldirektion für Abgaben des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen der Autonomen Gemeinschaft Murcia) über die Erstattung einer Steuer auf vermögensrechtliche Übertragungen und beurkundete Rechtsakte.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 11 der Richtlinie sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten erheben keine Steuer irgendwelcher Art:
a) auf die Ausfertigung, die Ausgabe, die Börsenzulassung, das Inverkehrbringen von oder den Handel mit Aktien, Anteilen oder anderen Wertpapieren gleicher Art sowie Zertifikaten derartiger Wertpapiere, ungeachtet der Person des Emittenten;
…“
Rz. 4
In Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie heißt es:
„In Abweichung von den Artikeln 10 und 11 können die Mitgliedstaaten Folgendes erheben:
a) pauschal oder nicht pauschal erhobene Börsenumsatzsteuern;
…“
Nationales Recht
Rz. 5
Das Gesetz 24/1988 vom 28. Juli 1988 über den Wertpapierhandel (BOE Nr. 181 vom 29. Juli 1988, S. 23405) in der durch das Gesetz 18/91 vom 6. Juni 1991 (BOE Nr. 136, vom 7. Juni 1991, S. 18665, im Folgenden: Gesetz 24/1988) geänderten Fassung sieht in Art. 108 vor:
„(1) Die Übertragung von Wertpapieren ist unabhängig davon, ob sie zum Handel auf einem amtlichen Sekundärmarkt zugelassen sind, von der Steuer auf vermögensrechtliche Übertragungen und beurkundete Rechtsakte und der Umsatzsteuer befreit.
(2) Unter Ausnahme von der Bestimmung des vorhergehenden Absatzes unterliegen im Rahmen der Steuer auf vermögensrechtliche Übertragungen und beurkundete Rechtsakte als ‚entgeltliche vermögensrechtliche Übertragungen‘ der Steuer:
1. Übertragungen auf einem Sekundärmarkt sowie der Erwerb auf einem Primärmarkt infolge der Ausübung von Bezugsrechten und des Umtauschs von Schuldverschreibungen in Aktien von Wertpapieren, die Bruchteile des Gesellschaft...