Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Darlehenszinsen an Drittlandsansässige als erdeckte Gewinnausschüttung berührt nicht die Niederlassungsfreiheit
Leitsatz (amtlich)
Eine nationale Maßnahme, nach der Darlehenszinsen, die eine gebietsansässige Kapitalgesellschaft an einen gebietsfremden Anteilseigner zahlt, der an ihrem Kapital wesentlich beteiligt ist, unter bestimmten Voraussetzungen als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt werden, die bei der Darlehensnehmerin besteuert wird, berührt vorwiegend die Ausübung der Niederlassungsfreiheit im Sinne der Artikel 43 ff. EG. Diese Bestimmungen können nicht bei Sachverhalten geltend gemacht werden, an denen ein Unternehmen eines Drittlands beteiligt ist.
Normenkette
EGVtr Art. 43
Beteiligte
Lasertec Gesellschaft für Stanzformen mbH |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung ‐ Freier Kapitalverkehr ‐ Niederlassungsfreiheit ‐ Steuerrecht ‐ Körperschaftsteuer ‐ Darlehensvertrag zwischen Unternehmen ‐ Gebietsansässige Gesellschaft als Darlehensnehmerin ‐ In einem Drittland ansässige Gesellschaft als Darlehensgeberin und Anteilseignerin ‐ Begriff der wesentlichen Beteiligung ‐ Zahlung von Darlehenszinsen ‐ Einstufung ‐ Verdeckte Gewinnausschüttung“
In der Rechtssache C-492/04
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Baden-Württemberg (Deutschland) mit Entscheidung vom 14. Oktober 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Dezember 2004, in dem Verfahren
Lasertec Gesellschaft für Stanzformen mbH
gegen
Finanzamt Emmendingen
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts (Berichterstatter), des Richters E. Juhász, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. Malenovský und T. von Danwitz,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: R. Grass,
gemäß Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung, wonach der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden kann,
nach Anhörung des Generalanwalts
folgenden
Beschluss
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 56 EG bis 58 EG.
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, dem die Entscheidung des Finanzamts Emmendingen (im Folgenden: Finanzamt) zugrunde liegt, für die Festsetzung der Körperschaftsteuerschuld der Lasertec Gesellschaft für Stanzformen mbH (im Folgenden: Klägerin) die von dieser an ihre Schweizer Anteilseignerin, die Lasertec AG (im Folgenden: Lasertec), gezahlten Zinsen als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln.
Nationales Recht
3
§ 8a („Gesellschafter-Fremdfinanzierung“) des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) wurde durch das Standortsicherungsgesetz vom 13. September 1993 (BGBl. 1993 I S. 1569) eingeführt. Dieses Gesetz ist laut Vorlageentscheidung am 14. September 1993 in Kraft getreten.
4
In der auf den Ausgangssachverhalt anwendbaren Fassung enthielt § 8a KStG folgende Regelung:
„(1) Vergütungen für Fremdkapital, das eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft von einem nicht zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigten Anteilseigner erhalten hat, der zu einem Zeitpunkt im Wirtschaftsjahr wesentlich am Grund- oder Stammkapital beteiligt war, gelten als verdeckte Gewinnausschüttungen,
…
2. wenn eine in einem Bruchteil des Kapitals bemessene Vergütung vereinbart ist und soweit das Fremdkapital zu einem Zeitpunkt des Wirtschaftsjahrs das Dreifache des anteiligen Eigenkapitals des Anteilseigners übersteigt, es sei denn, die Kapitalgesellschaft hätte dieses Fremdkapital bei sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten erhalten können oder es handelt sich um Mittelaufnahmen zur Finanzierung banküblicher Geschäfte; …
(2) Anteiliges Eigenkapital des Anteilseigners ist der Teil des Eigenkapitals der Kapitalgesellschaft zum Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs, der dem Anteil des Anteilseigners am gezeichneten Kapital entspricht. Eigenkapital ist das gezeichnete Kapital abzüglich der ausstehenden Einlagen …
(3) Eine wesentliche Beteiligung liegt vor, wenn der Anteilseigner am Grund- oder Stammkapital der Kapitalgesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar ‐ auch über eine Personengesellschaft ‐ beteiligt ist. Gleiches gilt, wenn der Anteilseigner zusammen mit anderen Anteilseignern zu mehr als einem Viertel beteiligt ist, mit denen er eine Personenvereinigung bildet oder von denen er beherrscht wird, die er beherrscht oder die mit ihm gemeinsam beherrscht werden. Ein Anteilseigner ohne wesentliche Beteiligung steht einem wesentlich beteiligten Anteilseigner gleich, wenn er allein oder im Zusammenwirken mit anderen Anteilseignern einen beherrschenden Einfluss auf die Kapitalgesellschaft ausübt.“
5
Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass insbesondere gebietsfremde Gesellschafter generell vom Kreis der Anrechnungsberechtigten ausgeschlossen sind.
6
Gemäß § 54 Abs. 6a KStG war § 8a erstmals für das Wirtschafts...