Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhere Abgaben auf eingeführte gebrauchte Kraftfahrzeuge als auf im Inland bereits im Verkehr befindliche Kraftfahrzeuge
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren ist in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar und verwehrt es einem Mitgliedstaat daher nicht, eine Regelung zur Erhebung von Verbrauchsteuer auf gebrauchte Kraftfahrzeuge bei deren Verbringung in das Gebiet des jeweiligen Mitgliedstaats festzulegen, wenn diese Steuer beim Zweiterwerb solcher Fahrzeuge, die sich bereits im Inland befinden und für die bei der erstmaligen Verbringung in das Gebiet des Mitgliedstaats Verbrauchsteuer gezahlt wurde, nicht unmittelbar zu entrichten ist, sofern diese Regelung im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich zieht.
2. Art. 110 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass nach Bulgarien eingeführte Gebrauchtfahrzeuge und dort bereits zugelassene Gebrauchtfahrzeuge, die als Neufahrzeuge in diesen Staat eingeführt wurden, unabhängig von deren Ursprung als gleichartige Waren anzusehen sind.
3. Art. 110 Abs. 1 AEUV steht einer unterschiedlichen Regelung der Erhebung von Verbrauchsteuer auf Kraftfahrzeuge durch einen Mitgliedstaat unter Umständen wie denen des vorliegenden Falls entgegen, sofern danach aus anderen Mitgliedstaaten eingeführte Gebrauchtfahrzeuge anders belastet werden, als die in diesem Staat bereits zugelassenen Gebrauchtfahrzeuge, die als Neufahrzeuge dorthin eingeführt wurden.
Normenkette
EWGRL 12 /92 Art. 3 Abs. 2; AEUV Art. 110 Abs. 1
Beteiligte
Regionalna Mitnicheska Direktsia - Plovdiv |
Verfahrensgang
Varhoven administrativen sad (Bulgarien) (Urteil vom 13.11.2008; Abl.EU 2009, Nr. C 55/19) |
Tatbestand
„Verbrauchsteuern ‐ Besteuerung von gebrauchten Kraftfahrzeugen ‐ Höhere Abgaben auf eingeführte gebrauchte Kraftfahrzeuge als auf im Inland bereits im Verkehr befindliche Kraftfahrzeuge ‐ Besteuerung nach Maßgabe des Herstellungsjahrs und des Kilometerstands der Fahrzeuge ‐ Begriff ‘gleichartige inländische Waren’“
In der Rechtssache C-2/09
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Varhoven administrativen sad (Bulgarien) mit Entscheidung vom 13. November 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Januar 2009, in dem Verfahren
Regionalna Mitnicheska Direktsia ‐ Plovdiv
gegen
Petar Dimitrov Kalinchev
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter A. Borg Barthet, M. Ilešič (Berichterstatter) und M. Safjan sowie der Richterin M. Berger,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: N. Nanchev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Februar 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ von P. D. Kalinchev, vertreten durch M. Ekimdìev, advokat,
‐ der bulgarischen Regierung, vertreten durch A. Ananiev und T. Ivanov als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und S. Petrova als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 25 und 90 Abs. 1 EG sowie des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. L 76, S. 1).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Kalinchev und der Regionalna Mitnicheska Direktsia ‐ Plovdiv (Regionale Zolldirektion Plovdiv) wegen deren Weigerung, die ihm bei der Einfuhr seines Kraftfahrzeugs auferlegte Verbrauchsteuer herabzusetzen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 3 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 92/12 bestimmt:
„(1) Diese Richtlinie findet auf Gemeinschaftsebene Anwendung auf die folgenden in den einschlägigen Richtlinien definierten Waren:
‐ Mineralöle,
‐ Alkohol und alkoholische Getränke,
‐ Tabakwaren.
…
(3) Die Mitgliedstaaten können Steuern auf andere als die in Absatz 1 genannten Waren einführen oder beibehalten, sofern diese Steuern im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen.
Unter der gleichen Voraussetzung ist es den Mitgliedstaaten ebenfalls weiterhin freigestellt, Steuern auf Dienstleistungen, auch im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren, zu erheben, sofern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt.“
Nationales Recht
Rz. 4
Nach Art. 2 des Zakon za aktsizite i danachnite skladove (DV Nr. 91 vom 15. November 2005, Gesetz über Verbrauchsteuern und Steuerlager) in der durch Gesetz (DV Nr. 6 vom 23. Januar 2009) geänderten Fassung (im Folgenden: ZADS) unterliegen Alkohol und a...