Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung, Leistungen von Personenzusammenschlüssen für ihre Mitglieder, Vorsteuerabzug, Wettbewerbsklausel
Leitsatz (amtlich)
1. Das Großherzogtum Luxemburg hat dadurch, dass es das Mehrwertsteuersystem für selbständige Zusammenschlüsse von Personen, wie erstens in Art. 44 Abs. 1 Buchst. y des koordinierten Textes der Loi du 12 février 1979 concernant la taxe sur la valeur ajoutée in Verbindung mit Art. 2 Buchst. a und Art. 3 des Règlement grand-ducal du 21 janvier 2004 relatif à l’exonération de la TVA des prestations de services fournies à leurs membres par des groupements autonomes de personnes, zweitens in Art. 4 dieser Verordnung in Verbindung mit der Circulaire administrative n° 707, du 29 janvier 2004, soweit dieser Art. 4 darin kommentiert wird, und drittens im Schreiben vom 18. Dezember 2008 der im Comité d’Observation des Marchés (COBMA) tätigen Arbeitsgruppe in Abstimmung mit der Administration de l’Enregistrement et des Domaines definiert, vorgesehen hat, gegen seine Verpflichtungen aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 132 Abs. 1 Buchst. f, Art. 168 Buchst. a, Art. 178 Buchst. a, Art. 14 Abs. 2 Buchst. c und Art. 28 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13. Juli 2010 geänderten Fassung verstoßen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 132 Abs. 1 Buchst. f, Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 168 Buchst. a, Art. 178 Buchst. a, Art. 14 Abs. 2 Buchst. c, Art. 28
Beteiligte
Tatbestand
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Steuerrecht ‐ Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 132 Abs. 1 Buchst. f ‐ Befreiung von Dienstleistungen, die selbständige Zusammenschlüsse von Personen an ihre Mitglieder erbringen, von der Mehrwertsteuer ‐ Art. 168 Buchst. a und Art. 178 Buchst. a ‐ Recht der Mitglieder des Zusammenschlusses auf Vorsteuerabzug ‐ Art. 14 Abs. 2 Buchst. c und Art. 28 ‐ Handlungen eines Mitglieds im eigenen Namen und für Rechnung des Zusammenschlusses“
In der Rechtssache C-274/15
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 8. Juni 2015,
Europäische Kommission, vertreten durch F. Dintilhac und C. Soulay als Bevollmächtigte,
Klägerin,
gegen
Großherzogtum Luxemburg, vertreten durch D. Holderer als Bevollmächtigte im Beistand von F. Kremer und P.-E. Partsch, avocats, sowie von B. Gasparotti als Sachverständigem,
Beklagter,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter E. Juhász und C. Vajda (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2016,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 6. Oktober 2016
folgendes
Urteil
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Großherzogtum Luxemburg dadurch, dass es das Mehrwertsteuersystem für selbstständige Zusammenschlüsse von Personen, wie in Art. 44 Abs. 1 Buchst. y des koordinierten Textes der Loi du 12 février 1979 concernant la taxe sur la valeur ajoutée (Gesetz vom 12. Februar 1979 über die Mehrwertsteuer, Mémorial A 1979, Nr. 23, im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz), den Art. 1 bis 4 des Règlement grand-ducal du 21 janvier 2004 relatif à l’exonération de la TVA des prestations de services fournies à leurs membres par des groupements autonomes de personnes (Großherzogliche Verordnung vom 21. Januar 2004 über die Mehrwertsteuerbefreiung für Dienstleistungen, die von selbstständigen Zusammenschlüssen von Personen ihren Mitgliedern erbracht werden, Mémorial A 2004, Nr. 9, im Folgenden: Großherzogliche Verordnung), der Circulaire administrative n° 707, du 29 janvier 2004, en tant qu’elle commente les articles 1er à 4 du règlement grand-ducal (Verwaltungsrundschreiben Nr. 707 vom 29. Januar 2004, soweit es die Art. 1 bis 4 der Großherzoglichen Verordnung kommentiert, im Folgenden: Verwaltungsrundschreiben), und dem Schreiben vom 18. Dezember 2008 der im Comité d’Observation des Marchés (Ausschuss zur Marktbeobachtung, im Folgenden: COBMA) tätigen Arbeitsgruppe in Abstimmung mit der Administration de l’Enregistrement et des Domaines (Verkehrsteuer- und Domänenverwaltungsbehörde) (im Folgenden: COBMA-Schreiben) definiert, vorgesehen hat, gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13. Juli 2010 (ABl. 2010, L 189, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2006/112), insbesondere gegen Art. 2 Abs. 1 Buchst. c und Art. 132 Abs. 1 Buchst. f, Art. 1 Abs. 2 Unterabs. 2, Art. 168 Buchst. a, Art. 178 Buchst. a sowie Art. 14 Abs. 2 Buchst. c ...