Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbrauchsteuern auf Alkohol, Biersteuer, Ermäßigter Steuersatz, Brauerei als Lizenznehmer
Leitsatz (amtlich)
Für die Anwendung des ermäßigten Verbrauchsteuersatzes auf Bier ist die Voraussetzung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke, wonach die Brauerei kein Lizenznehmer sein darf, nicht erfüllt, wenn die betreffende Brauerei ihr Bier gemäß einer Vereinbarung herstellt, nach der sie die Marken und das Herstellungsverfahren eines Dritten benutzen darf.
Normenkette
EWGRL 83/92 Art. 4 Abs. 2
Beteiligte
Directeur général des douanes et droits indirects |
Directeur régional des douanes et droits indirects d Auvergne |
Verfahrensgang
Cour de Cassation (Frankreich) (Beschluss vom 03.06.2014; ABl. EU 2014, Nr. C 261/16) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Steuerrecht ‐ Richtlinie 92/83/EWG ‐ Verbrauchsteuern ‐ Bier ‐ Art. 4 ‐ Kleine unabhängige Brauereien ‐ Ermäßigter Verbrauchsteuersatz ‐ Voraussetzungen ‐ Kein Lizenznehmer ‐ Produktion nach dem Herstellungsverfahren eines Dritten mit dessen Genehmigung ‐ Genehmigte Benutzung der Marken dieses Dritten“
In der Rechtssache C-285/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour de cassation (Frankreich) mit Entscheidung vom 3. Juni 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Juni 2014, in dem Verfahren
Directeur général des douanes et droits indirects,
Directeur régional des douanes et droits indirects d’Auvergne
gegen
Brasserie Bouquet SA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Vajda (Berichterstatter) sowie der Richter A. Rosas und E. Juhász,
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Brasserie Bouquet SA, vertreten durch F. Molinié, avocat,
‐ der französischen Regierung, vertreten durch J.-S. Pilczer und D. Colas als Bevollmächtigte,
‐ der griechischen Regierung, vertreten durch K. Nasopoulou als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Dintilhac und M. Wasmeier als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke (ABl. L 316, S. 21).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Directeur général des douanes et droits indirects (Generaldirektor für Zölle und indirekte Abgaben) und dem Directeur régional des douanes et droits indirects d’Auvergne (Direktor für Zölle und indirekte Abgaben der Region Auvergne) einerseits und der Brasserie Bouquet SA (im Folgenden: Brasserie Bouquet) andererseits über die Anwendung des ermäßigten Verbrauchsteuersatzes auf das von dieser in den Jahren 2007 bis 2010 gebraute Bier.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 3, 7 und 17 der Richtlinie 92/83 lauten:
„Für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes ist es erforderlich, für alle betroffenen Erzeugnisse gemeinsame Definitionen festzulegen.
…
Für Bier aus kleinen unabhängigen Brauereien und Ethylalkohol aus kleinen Brennereien sind gemeinsame Regelungen festzulegen, nach denen die Mitgliedstaaten auf diese Erzeugnisse ermäßigte Verbrauchsteuersätze anwenden können.
…
In Fällen, in denen die Mitgliedstaaten zur Anwendung ermäßigter Sätze ermächtigt sind, dürfen derartige Sätze nicht dazu führen, den Wettbewerb im Binnenmarkt zu verzerren.“
Rz. 4
Art. 4 der Richtlinie 92/83 bestimmt:
„(1) Die Mitgliedstaaten können auf Bier, das von kleinen unabhängigen Brauereien gebraut wird, ermäßigte Steuersätze, die je nach Jahresausstoß der betreffenden Brauereien gestaffelt werden können, unter folgenden Voraussetzungen anwenden:
‐ die ermäßigten Steuersätze gelten nicht für Unternehmen, die jährlich mehr als 200 000 hl Bier herstellen;
‐ die ermäßigten Steuersätze, die den Mindestsatz unterschreiten können, dürfen nicht um mehr als 50 % unter dem normalen nationalen Verbrauchsteuersatz liegen.
(2) Zum Zwecke der Anwendung der ermäßigten Steuersätze gilt als ‚kleine unabhängige Brauerei‘ eine Brauerei, die rechtlich und wirtschaftlich von einer anderen Brauerei unabhängig ist, Betriebsräume benutzt, die räumlich von denen anderer Brauereien getrennt sind, und kein Lizenznehmer ist. Sofern zwei oder mehrere kleine Brauereien zusammenarbeiten und deren gemeinsamer Jahresausstoß 200 000 hl nicht übersteigt, können diese Brauereien jedoch als eine einzige kleine unabhängige Brauerei behandelt werden.
(3) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die von ihnen gegebenenfalls festgelegten ermäßigten Sätze unterschiedslos auch für Bier gelten, das aus k...