Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Gemeinsames Mehrwertsteuersystem. Befreiungen. Verwaltung von Sondervermögen. Begriff. Rentenfonds. Vergleichbarkeit mit einem Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW). Von den Mitgliedern getragene Anlagerisiken. Umfang. Notwendigkeit eines Vergleichs mit einem Rentenfonds, der vom betreffenden Mitgliedstaat als Sondervermögen betrachtet wird
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 135 Abs. 1 Buchst. g
Beteiligte
Inspecteur van de Belastingdienst Utrecht |
Stichting Bedrijfstakpensioensfonds voor het levensmiddelenbedrijf (BPFL) |
Fiscale Eenheid Achmea BV |
Stichting Pensioenfonds voor Fysiotherapeuten |
Inspecteur van de Belastingdienst Utrecht |
Inspecteur van de Belastingdienst Amsterdam |
Inspecteur van de Belastingdienst Maastricht |
Verfahrensgang
Rechtbank Gelderland (Niederlande) (Beschluss vom 05.10.2022; ABl. EU 2023, Nr. C 35/24, 25, 26, 27, 28) |
Tenor
1. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
ist dahin auszulegen, dass
die Mitglieder eines Rentenfonds, der im Rahmen eines kollektiven Rentensystems einen Rentenvertrag durchführt, der Rentenanwartschaften und -leistungen vorsieht, deren Höhe, obwohl sie auf der Grundlage einer Regelrente oder des Berufseinkommens und der Anzahl der Arbeitsjahre jedes Mitglieds festgelegt wird, unter bestimmten Bedingungen als Folge der Ergebnisse der Anlagen dieses Rentenfonds variieren kann, nur dann als Träger des Anlagerisikos angesehen werden können, wenn die Höhe der Rentenanwartschaften und -leistungen in erster Linie von den Ergebnissen dieser Anlagen abhängt. Für eine solche Beurteilung sind weder die Anzahl der Jahre, in denen ein Mitglied Rentenanwartschaften aufgebaut hat, noch der Umstand, dass der Aufbau von Rentenanwartschaften in Bezug auf einen Rentenfonds zu einem bestimmten Zeitpunkt unterbrochen wurde, relevant. Dass das Risiko individuell oder kollektiv getragen wird, insbesondere im Fall einer Insolvenz, oder dass ein Arbeitgeber für einen bestimmten Zeitraum eine Garantie für den erwarteten Aufbau von Rentenanwartschaften übernommen hat, ist zwar von Bedeutung, jedoch sind diese Faktoren als solche nicht ausschlaggebend.
2. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 ist im Licht des Grundsatzes der Steuerneutralität
dahin auszulegen, dass
für die Klärung der Frage, ob ein Rentenfonds, der kein Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren ist, die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung in Anspruch nehmen kann, nicht nur ein Vergleich mit einem solchen Organismus durchzuführen ist, sondern auch zu beurteilen ist, ob der Rentenfonds im Hinblick auf die rechtliche und finanzielle Situation des Mitglieds im Verhältnis zu diesem Rentenfonds mit anderen Fonds vergleichbar ist, bei denen es sich zwar nicht um Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren handelt, die aber von dem betreffenden Mitgliedstaat als Sondervermögen im Sinne dieser Bestimmung betrachtet werden.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank Gelderland (Bezirksgericht Gelderland, Niederlande) mit Entscheidungen vom 5. und 6. Oktober 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Oktober 2022, in den Verfahren
X (C-639/22),
Stichting BPL Pensioen (C-643/22),
Stichting Bedrijfstakpensioensfonds voor het levensmiddelenbedrijf (BPFL) (C-644/22)
gegen
Inspecteur van de Belastingdienst Utrecht (C-639/22, C-643/22 und C-644/22)
und
Fiscale Eenheid Achmea BV (C-640/22),
Y (C-641/22)
gegen
Inspecteur van de Belastingdienst Amsterdam (C-640/22 und C-641/22)
und
Stichting Pensioenfonds voor Fysiotherapeuten (C-642/22)
gegen
Inspecteur van de Belastingdienst Maastricht (C-642/22)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos sowie der Richterin O. Spineanu-Matei (Berichterstatterin), der Richter J.-C. Bonichot und S. Rodin sowie der Richterin L. S. Rossi,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Lamote, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2023,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von X, Y, Stichting Pensioenfonds voor Fysiotherapeuten und Stichting BPL Pensioen, vertreten durch K. R. Carton, E. M. van Kasteren und J. P. A. Vermeer, Belastingadviseurs,
- der Fiscale Eenheid Achmea BV und Stichting Bedrijfstakpensioensfonds voor het levensmiddelenbedrijf (BPFL), vertreten durch U. N. C. Boy und G. J. van Norden, Belastingadviseurs,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman, A. Hanje und J. Langer als Bevollmächtigte,
- der dänischen Regierung, vertreten durch D. Elkan, J. F. Kronborg und C. A.-S. Maertens als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Jokubauskaite und W. Roels als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. März 2024
folgendes
Urteil
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