Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksame buchmäßige Erfassung einer Zollschuld
Leitsatz (amtlich)
Art. 217 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er keine Einzelheiten der buchmäßigen Erfassung im Sinne dieser Bestimmung vorschreibt und es daher den Mitgliedstaaten überlässt, die Einzelheiten hinsichtlich der buchmäßigen Erfassung der einer Zollschuld entsprechenden Abgabenbeträge zu regeln, wobei die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, die Einzelheiten der buchmäßigen Erfassung in ihren nationalen Rechtsvorschriften festzulegen, diese Erfassung aber so durchzuführen ist, dass gesichert ist, dass die zuständigen Zollbehörden den genauen Betrag der einer Zollschuld entsprechenden Einfuhr- und Ausfuhrabgaben in die Bücher oder in sonstige stattdessen verwendete Unterlagen eintragen, um insbesondere zu ermöglichen, dass die buchmäßige Erfassung der entsprechenden Beträge auch gegenüber dem Schuldner mit Sicherheit festgestellt wird.
Normenkette
EWGV 2913/92 Art. 217 Abs. 2
Beteiligte
Verfahrensgang
Rechtbank van eerste aanleg te Antwerpen (Belgien) (Urteil vom 24.06.2011; ABl. EU 2011, Nr. C 282/12) |
Tatbestand
„Zollschuld ‐ Nacherhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben ‐ Buchmäßige Erfassung der Abgaben ‐ Einzelheiten“
In der Rechtssache C-351/11
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank van eerste aanleg te Antwerpen (Belgien) mit Entscheidung vom 24. Juni 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Juli 2011, in dem Verfahren
KGH Belgium NV
gegen
Belgische Staat
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters A. Borg Barthet (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter M. Ilešič und M. Safjan,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der KGH Belgium NV, vertreten durch E. Gevers und J. Gevers, advocaten,
‐ der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und J.-C. Halleux als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und W. Roels als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 217 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 17, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der KGH Belgium NV (im Folgenden: KGH Belgium) und dem Belgische Staat, vertreten durch den Föderalen Öffentlichen Dienst Finanzen (im Folgenden: FÖD Finanzen), über die Frage, ob die diesem Dienst unterstehenden Zollbehörden eine Zollschuld im Sinne von Art. 217 Abs. 1 des Zollkodex wirksam buchmäßig erfasst haben.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 217 des Zollkodex bestimmt:
„(1) Jeder einer Zollschuld entsprechende Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag ‐ nachstehend ‚Abgabenbetrag‘ genannt ‐ muss unmittelbar bei Vorliegen der erforderlichen Angaben von den Zollbehörden berechnet und in die Bücher oder in sonstige statt dessen verwendete Unterlagen eingetragen werden (buchmäßige Erfassung).
Der vorstehende Unterabsatz gilt nicht
a) in Fällen, in denen ein vorläufiger Antidumping- oder Ausgleichszoll eingeführt worden ist;
b) in Fällen, in denen der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag höher als der Betrag ist, der auf der Grundlage einer verbindlichen Auskunft festgelegt wurde;
c) in Fällen, in denen die Zollbehörden aufgrund von nach dem Ausschussverfahren erlassenen Vorschriften davon befreit sind, Abgabenbeträge, die unter einem bestimmten Betrag liegen, buchmäßig zu erfassen.
Die Zollbehörden können von der buchmäßigen Erfassung eines Abgabenbetrages absehen, der nach Artikel 221 Absatz 3 dem Zollschuldner nach Ablauf der vorgesehenen Frist nicht mehr mitgeteilt werden darf.
(2) Die Einzelheiten der buchmäßigen Erfassung der Abgabenbeträge werden von den Mitgliedstaaten geregelt. Diese Einzelheiten können unterschiedlich sein, je nachdem, ob unter Berücksichtigung der Voraussetzungen, unter denen die Zollschuld entstanden ist, die Entrichtung dieser Beträge für die Zollbehörden gesichert ist oder nicht.“
Rz. 4
Art. 221 dieses Kodex sieht vor:
„Der Abgabenbetrag ist dem Zollschuldner in geeigneter Form mitzuteilen, sobald der Betrag buchmäßig erfasst worden ist.“
Belgisches Recht
Rz. 5
Das Allgemeine Zoll- und Abgaben...