Entscheidungsstichwort (Thema)
Ort der Dienstleistung, Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten, Begriff der ähnlichen Rechte
Leitsatz (amtlich)
Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung genannten „anderen Rechte“ die in Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates definierten Treibhausgasemissionszertifikate einschließen.
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 56 Abs. 1 Buchst. a
Beteiligte
Generalanwalt beim Bundesgerichtshof |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Steuerwesen ‐ Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 56 ‐ Ort der Dienstleistung ‐ Begriff ‚ähnliche Rechte‘ ‐ Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten“
In der Rechtssache C-453/15
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 22. Juli 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 24. August 2015, in dem Strafverfahren gegen
A,
B,
Beteiligter:
Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin A. Prechal, des Richters A. Rosas, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2016,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ von A, vertreten durch die Rechtsanwälte M. Wulf und M. Langrock,
‐ von B, vertreten durch die Rechtsanwälte A. Norouzi und O. Sahan,
‐ des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof P. Frank, in eigener Person und vertreten durch S. Heine als Bevollmächtigte,
‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,
‐ der griechischen Regierung, vertreten durch E. Tsaousi und A. Dimitrakopoulou als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wasmeier und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. September 2016
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen A und B wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 43 der Mehrwertsteuerrichtlinie, der in Abschnitt 1 („Allgemeine Bestimmung“) von Kapitel 3 aufgeführt ist, das Regeln zum Ort der Dienstleistung enthält, bestimmt:
„Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistungserbringer den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnsitz oder sein gewöhnlicher Aufenthaltsort.“
Rz. 4
Art. 56 Abs. 1 dieser Richtlinie, der zu Kapitel 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 5 („Sonstige Dienstleistungen“) gehört und Spezialvorschriften enthält, sieht vor:
„Als Ort der folgenden Dienstleistungen, die an außerhalb der Gemeinschaft ansässige Dienstleistungsempfänger oder an Steuerpflichtige, die innerhalb der Gemeinschaft, jedoch außerhalb des Staates des Dienstleistungserbringers ansässig sind, erbracht werden, gilt der Ort, an dem der Dienstleistungsempfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung sein Wohnsitz oder sein gewöhnlicher Aufenthaltsort:
a) Abtretung und Einräumung von Urheberrechten, Patentrechten, Lizenzrechten, Fabrik- und Warenzeichen sowie ähnlichen Rechten;
…“
Rz. 5
Art. 3 der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. 2003, L 275, S. 32) enthält u. a. die folgende Definition:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) ‚Zertifikat‘ das Zertifikat, das zur Emission von einer Tonne Kohlendioxidäquivalent in einem bestimmten Zeitraum berechtigt; es gilt nur für die Erfüllung der Anforderungen dieser Richtlinie und kann nach Maßgabe dieser Richtlinie übertragen werden;
…“
Rz. 6
Art. 19 der Richtlinie 2003/87 bestimmt:
„(1) Die Mitgliedstaaten sorgen für die Einrichtung und Aktualisierung eines Registers, um die genaue Verbuchung von Vergabe, Besitz, Übertra...