Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfuhrerstattungen; bei nicht erbringbarem urkundlichen Nachweis über die Mengen der für die Herstellung einer ausgeführten Ware tatsächlich verwendeten Erzeugnisse kann der Nachweis in anderer Form erbracht werden
Leitsatz (amtlich)
Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1222/94 der Kommission vom 30. Mai 1994 zur Festlegung der gemeinsamen Durchführungsvorschriften für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen und der Kriterien zur Festsetzung des Erstattungsbetrags für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, die in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren ausgeführt werden, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 229/96 der Kommission vom 7. Februar 1996 verwehrt es einem Ausführer, der ‐ ggf. aufgrund höherer Gewalt ‐ nicht in der Lage ist, zur Stützung der Angaben in seiner Ausfuhrerklärung den urkundlichen Nachweis über die Mengen der für die Herstellung einer ausgeführten Ware tatsächlich verwendeten Erzeugnisse zu erbringen, nicht, den Nachweis in anderer Form zu erbringen. Die nationalen Behörden würdigen diese andere Form des Nachweises nach den Modalitäten des nationalen Rechts, sofern die entsprechenden Vorschriften weder die Bedeutung noch die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigen. Wird der Antrag im Rahmen des vereinfachten Verfahrens nach Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 3 der genannten Verordnung gestellt, so haben die nationalen Behörden auch die bereits früher von ihnen akzeptierten Unterlagen des Ausführers zu berücksichtigen.
Normenkette
EGV 1222/94 Art. 7 Abs. 1, Art. 3 Abs. 2
Beteiligte
Heinrich Schulze GmbH & Co. KG i. L |
Hauptzollamt Hamburg-Jonas |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Ausfuhrerstattungen ‐ Voraussetzungen der Gewährung ‐ Ausfuhranmeldung ‐ Fehlende Belege ‐ Andere Formen des Nachweises“
In der Rechtssache C-120/05
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 2. März 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 15. März 2005, in dem Verfahren
Heinrich Schulze GmbH & Co. KG i. L.
gegen
Hauptzollamt Hamburg-Jonas
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Borg Barthet und U. Lõhmus (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: R. Grass,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Heinrich Schulze GmbH & Co. KG i. L., vertreten durch Rechtsanwältin C. Esser,
‐ des Hauptzollamts Hamburg-Jonas, vertreten durch G. Seber als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Cattabriga und F. Erlbacher als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 1. Juni 2006
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1222/94 der Kommission vom 30. Mai 1994 zur Festlegung der gemeinsamen Durchführungsvorschriften für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen und der Kriterien zur Festsetzung des Erstattungsbetrags für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse, die in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren ausgeführt werden (ABl. L 136, S. 5), in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 229/96 der Kommission vom 7. Februar 1996 (ABl. L 30, S. 24) (im Folgenden: Verordnung Nr. 1222/94).
2
Die vorgelegten Fragen stellen sich im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Heinrich Schulze GmbH & Co. KG i. L. (im Folgenden: Schulze) und dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas (im Folgenden: Hauptzollamt) über die Rückforderung einer Erstattung für die Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse.
Rechtlicher Rahmen
3
Die gemeinsamen Durchführungsvorschriften für Erstattungen für die Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse finden sich in verschiedenen Gemeinschaftsverordnungen, insbesondere in der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2945/94 der Kommission vom 2. Dezember 1994 (ABl. L 310, S. 57) (im Folgenden: Verordnung Nr. 3665/87) und in der Verordnung Nr. 1222/94.
4
Artikel 11 der Verordnung Nr. 3665/87 regelt die Modalitäten der Rückforderung unrechtmäßig gezahlter Ausfuhrerstattungen und die hierfür zu verhängenden Sanktionen; er sieht vor, dass im Fall höherer Gewalt bestimmte Sanktionen entfallen. Nach Artikel 11 Absatz 3 ist der Begünstigte, wenn ihm eine Erstattung unrechtmäßig gewährt wurde, u. a. verpflichtet, den unrechtmäßig erhaltenen Betrag zuzüglich Zinsen zurückzuzahlen.
5
Die zehnte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1222/94 lautet: „Es muss ein Kontrollsystem eingeführt werden, das auf dem Grundsatz beruht, dass der Exporteur bei jeder Ausfuhr den zuständigen Behörden gegenüber die Menge der zur Herstellung der ausgeführten Waren verarbeitete...