Entscheidungsstichwort (Thema)
Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Geltungsbereich. Entschädigungsanspruch eines Arbeitgebers gegen einen Mitgliedstaat aufgrund des Arbeitsentgelts, das einem Arbeitnehmer während des Verfahrens über die Anfechtung der Kündigung dieses Arbeitnehmers nach dem 60. Werktag nach Erhebung der Kündigungsschutzklage gezahlt worden ist. Kein Entschädigungsanspruch im Fall nichtiger Kündigungen. Eintritt des Arbeitnehmers in den Entschädigungsanspruch des Arbeitgebers, wenn dieser vorläufig zahlungsunfähig ist. Diskriminierung von Arbeitnehmern, die eine nichtige Kündigung erhalten haben
Normenkette
Richtlinie 2008/94/EG; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 20
Beteiligte
Víctor Manuel Julian Hernández |
Reino de España (Subdelegación del Gobierno de España en Alicante) |
Altea Diseño y Proyectos SL |
Tenor
Eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, wonach der Arbeitgeber von dem betreffenden Mitgliedstaat die Zahlung des Arbeitsentgelts, das während eines Kündigungsschutzverfahrens nach dem 60. Werktag nach der Klageerhebung fällig geworden ist, verlangen kann und wonach, wenn der Arbeitgeber dieses Entgelt nicht gezahlt hat und vorläufig zahlungsunfähig ist, der betroffene Arbeitnehmer kraft eines gesetzlichen Forderungsübergangs von diesem Staat unmittelbar die Zahlung des Entgelts verlangen kann, fällt nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers und kann daher nicht mit Blick auf die in der Charta garantierten Grundrechte, insbesondere ihren Art. 20, geprüft werden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Social n° 1 de Benidorm (Spanien) mit Entscheidung vom 21. Februar 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 16. April 2013, in dem Verfahren
Víctor Manuel Julian Hernández,
Chems Eddine Adel,
Jaime Morales Ciudad,
Bartolomé Madrid Madrid,
Martín Selles Orozco,
Alberto Martí Juan,
Said Debbaj
gegen
Reino de España (Subdelegación del Gobierno de España en Alicante),
Puntal Arquitectura SL,
Obras Alteamar SL,
Altea Diseño y Proyectos SL,
Ángel Muñoz Sánchez,
Vicente Orozco Miro
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz (Berichterstatter) sowie der Richter E. Juhász, A. Rosas, D. Šváby und C. Vajda,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2014,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Julian Hernández, Herrn Eddine Adel, Herrn Morales Ciudad, Herrn Madrid Madrid, Herrn Selles Orozco, Herrn Martí Juan und Herrn Debbaj, vertreten durch F. Van de Velde Moors, abogado,
- der spanischen Regierung, vertreten durch M. García-Valdecasas Dorrego als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Vidal Puig als Bevollmächtigten,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283, S. 36) und des Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Julian Hernández, Herrn Eddine Adel, Herrn Morales Ciudad, Herrn Madrid Madrid, Herrn Selles Orozco, Herrn Martí Juan und Herrn Debbaj auf der einen und dem Reino de España (Subdelegación del Gobierno de España en Alicante) (Königreich Spanien [Unterdelegation der spanischen Regierung in Alicante], im Folgenden: Subdelegación) sowie der Puntal Arquitectura SL, der Obras Alteamar SL, der Altea Diseño y Proyectos SL, Herrn Muñoz Sánchez und Herrn Orozco Miro auf der anderen Seite wegen Zahlung eines Betrags in Höhe des Arbeitsentgelts der Kläger des Ausgangsverfahrens, soweit es während des Verfahrens über die Anfechtung ihrer Kündigungen nach dem 60. Werktag nach Erhebung ihrer Kündigungsschutzklagen und bis zum Zeitpunkt der Zustellung des die Nichtigkeit dieser Kündigungen feststellenden Urteils fällig geworden ist.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 3 und 7 der Richtlinie 2008/94 lauten:
„(3) Es sind Bestimmungen notwendig, die die Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers schützen und um ihnen ein Minimum an Schutz zu sichern, insbesondere die Zahlung ihrer nicht erfüllten Ansprüche zu gewährleisten; dabei muss die Notwend...