Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollkodex, Begriff der wesentlichen Be- oder Verarbeitung, Wechsel der Zolltarifposition
Leitsatz (amtlich)
Im Hinblick auf die in die Position 7312 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1719/2005 der Kommission vom 27. Oktober 2005 (ABl. L 286, S. 1) geänderten Fassung eingeordneten Waren können die wesentlichen Be- oder Verarbeitungen im Sinne von Art. 24 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften nicht nur Be- oder Verarbeitungen erfassen, die dazu führen, dass die Ware, die einem Be- oder Verarbeitungsvorgang unterzogen worden ist, in eine andere Position der Kombinierten Nomenklatur eingeordnet wird, sondern auch diejenigen, die ‐ ohne einen solchen Wechsel der Tarifposition ‐ zur Schaffung einer Ware führen, die besondere Eigenschaften besitzt und von einer spezifischen Beschaffenheit ist, die diese Ware vor diesem Vorgang nicht hatte.
Normenkette
EWGV 2658/87 Anhang I; EWGV 2913/92 Art. 24
Beteiligte
HEKO Industrieerzeugnisse |
HEKO Industrieerzeugnisse GmbH |
Bundesfinanzdirektion West |
Verfahrensgang
Tatbestand
„Zollkodex der Gemeinschaft ‐ Art. 24 ‐ Nichtpräferenzieller Ursprung von Waren ‐ Begriff der wesentlichen Be- oder Verarbeitung ‐ Kriterium des Wechsels der Tarifposition ‐ Stahlseile, die in Nordkorea aus Stahllitzen mit Ursprung in China hergestellt werden“
In der Rechtssache C-260/08
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 6. Mai 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Juni 2008, in dem Verfahren
Bundesfinanzdirektion West
gegen
HEKO Industrieerzeugnisse GmbH
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer J. N. Cunha Rodrigues in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richterin P. Lindh sowie der Richter A. Rosas, U. Lõhmus (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: R. şereŞ, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der HEKO Industrieerzeugnisse GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt T. Lieber,
‐ der griechischen Regierung, vertreten durch G. Kanellopoulos, I. Bakopoulos und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 24 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex) im Hinblick auf die Bestimmung des Ursprungs von Waren der Position 7312 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1719/2005 der Kommission vom 27. Oktober 2005 (ABl. L 286, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: KN).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Bundesfinanzdirektion West (im Folgenden: Bundesfinanzdirektion) und der HEKO Industrieerzeugnisse GmbH (im Folgenden: HEKO) wegen der Bestimmung des nichtpräferenziellen Ursprungs von in Nordkorea aus Litzen mit Ursprung in China hergestellten Stahlseilen.
Rechtlicher Rahmen
Übereinkommen über Ursprungsregeln
Rz. 3
Mit Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1) genehmigte der Rat der Europäischen Union u. a. das der am 15. April 1994 in Marrakesch unterzeichneten Schlussakte beigefügte Übereinkommen über Ursprungsregeln (WTO-GATT 1994) (ABl. 1994, L 336, S. 144). Dieses Abkommen soll die Ursprungsregeln harmonisieren und stellt für eine Übergangszeit ein Arbeitsprogramm für die Harmonisierung auf.
Rz. 4
Art. 2 („Disziplinen während der Übergangszeit“) dieses Abkommens sieht vor:
„Bis zur Erfüllung des Arbeitsprogramms für die Harmonisierung der Ursprungsregeln in Teil IV stellen die Mitglieder sicher, dass
a) bei Erlass von Verwaltungsvorschriften mit allgemeiner Geltung die zu beachtenden Erfordernisse klar definiert werden. Insbesondere muss
i) in Fällen, in denen das Kriterium des Wechsels der zolltariflichen Einreihung angewendet wird, eine solche Ursprungsrege...