Entscheidungsstichwort (Thema)

Feste Niederlassung. Betriebsstätte. Ort der Dienstleistung. Begriff der festen Niederlassung. Grenzüberschreitende Unternehmensgruppe. Bezug von Dienstleistungen von einem EU-ausländischen Unternehmen der gleichen Unternehmensgruppe. Personelle und technische Ausstattung einer festen Niederlassung

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 44, 192a

 

Beteiligte

SC Adient Ltd & Co. KG

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Ploieşti – Administraţia Judeţeană a Finanţelor Publice Argeş

 

Verfahrensgang

Tribunalul Argeş (Rumänien) (Beschluss vom 10.06.2021; ABl. EU 2022, Nr. C 463/14)

 

Tenor

1. Art. 44 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie (EU) 2018/1695 des Rates vom 6. November 2018 geänderten Fassung und Art. 11 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem

sind dahin auszulegen, dass

bei einem mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen, das den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit in einem Mitgliedstaat hat und von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen erbrachte Dienstleistungen empfängt, im Hinblick auf die Bestimmung des Ortes dieser Dienstleistungen nicht davon auszugehen ist, dass es in diesem letztgenannten Mitgliedstaat allein deshalb über eine feste Niederlassung verfügt, weil die beiden Unternehmen derselben Unternehmensgruppe angehören oder zwischen ihnen ein Dienstleistungsvertrag besteht.

2. Art. 44 der Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2018/1695 geänderten Fassung und Art. 11 der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011

sind dahin auszulegen, dass

weder der Umstand, dass ein mehrwertsteuerpflichtiges Unternehmen, das den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit in einem Mitgliedstaat hat und von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen erbrachte Verarbeitungsdienstleistungen empfängt, in diesem letztgenannten Mitgliedstaat über eine Struktur verfügt, die an der Lieferung der Fertigprodukte aus diesen Verarbeitungsdienstleistungen beteiligt ist, noch die Tatsache, dass diese Lieferungen überwiegend außerhalb des letztgenannten Mitgliedstaats durchgeführt werden und diejenigen, die dort durchgeführt werden, der Mehrwertsteuer unterliegen, im Hinblick auf die Bestimmung des Ortes der Dienstleistungen für die Feststellung relevant sind, dass dieses Unternehmen in diesem letztgenannten Mitgliedstaat eine feste Niederlassung hat.

3. Die Art. 44 und 192a der Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2018/1695 geänderten Fassung sowie die Art. 11 und 53 der Durchführungsverordnung Nr. 282/2011

sind dahin auszulegen, dass

ein Unternehmen, das den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit in einem Mitgliedstaat hat und von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen erbrachte Dienstleistungen empfängt, keine feste Niederlassung in diesem letztgenannten Mitgliedstaat hat, wenn sich die personelle und technische Ausstattung, über die es in diesem Mitgliedstaat verfügt, nicht von derjenigen unterscheidet, mit der die Dienstleistungen an das erstgenannte Unternehmen erbracht werden, oder wenn diese personelle und technische Ausstattung nur Tätigkeiten vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten sicherstellt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunalul Argeş (Regionalgericht Argeş, Rumänien) mit Entscheidung vom 10. Juni 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 9. August 2022, in dem Verfahren

SC Adient Ltd & Co. KG

gegen

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală,

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală – Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Ploieşti – Administraţia Judeţeană a Finanţelor Publice Argeş

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters M. Ilešič in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zehnten Kammer sowie der Richter I. Jarukaitis (Berichterstatter) und D. Gratsias,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der SC Adient Ltd & Co. KG, vertreten durch M. Ezer und F. Nanu, Avocaţi,
  • der rumänischen Regierung, vertreten durch R. Antonie, E. Gane und A. Rotăreanu als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und E. A. Stamate als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 1. Februar 2024

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 44 und 192a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie (EU) 2018/1695 des Rates vom 6. November 2018 (ABl. 2018, L 282, S....

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