Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschließlichkeitsklausel, Parallelverfahren
Leitsatz (amtlich)
Nimmt ein nationales Gericht zu einer Vereinbarung oder einer Verhaltensweise Stellung, deren Vereinbarkeit mit den Artikeln 85 Absatz 1 und 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG und 82 EG) bereits Gegenstand einer Entscheidung der Kommission ist, so darf es keine Entscheidung erlassen, die der Entscheidung der Kommission zuwiderläuft, selbst wenn Letztere im Widerspruch zu der Entscheidung eines erstinstanzlichen nationalen Gerichts steht. Hat der Adressat der Entscheidung der Kommission in der in Artikel 173 Absatz 5 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 5 EG) vorgesehenen Frist eine Nichtigkeitsklage gegen diese Entscheidung erhoben, so muss das nationale Gericht prüfen, ob es das Verfahren aussetzen soll, um eine endgültige Entscheidung über diese Nichtigkeitsklage abzuwarten oder um dem Gerichtshof eine Vorabentscheidungsfrage vorzulegen.
Normenkette
EGVtr Art. 81-82, 295
Beteiligte
Verfahrensgang
Supreme Court of Ireland (Irland) |
Tatbestand
Wettbewerb - Artikel 85 und 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG und 82 EG) - Parallelverfahren vor nationalen Gerichten und Gemeinschaftsgerichten
In der Rechtssache C-344/98
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom irischen Supreme Court in den bei diesem anhängigen Rechtsstreitigkeiten
Masterfoods Ltd
gegen
HB Ice Cream Ltd
und
HB Ice Cream Ltd
gegen
Masterfoods Ltd, handelnd unter der Firma Mars Ireland,
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 85, 86 und 222 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG, 82 EG und 295 EG)
erlässt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten C. Gulmann, A. La Pergola, M. Wathelet und V. Skouris sowie der Richter D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet, P. Jann, L. Sevón (Berichterstatter), R. Schintgen und der Richterin F. Macken,
Generalanwalt: G. Cosmas
Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
-der Masterfoods Ltd, vertreten durch D. O'Donnell, SC, beauftragt von Solicitors A. Cox und P. G. H. Collins,
-der HB Ice Cream Ltd, vertreten durch M. M. Collins, B. Shipsey und M. Cush, SC, beauftragt von Solicitors Hayes & Sons und Slaughter & May,
-der französischen Regierung, vertreten durch K. Rispal-Bellanger, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, und R. Loosli-Surrans, Chargé de mission in derselben Direktion, als Bevollmächtigte,
-der italienischen Regierung, vertreten durch Professor U. Leanza, Leiter des Servizio del contenzioso diplomatico des Außenministeriums, als Bevollmächtigten,
-der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Kruse, Departementsråd im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten,
-der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Assistant Treasury Solicitor J. E. Collins als Bevollmächtigten im Beistand von Barrister N. Green, QC,
-der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch B. Doherty und W. Wils, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Masterfoods Ltd, vertreten durch P. G. H. Collins und D. O'Donnell, der HB Ice Cream Ltd, vertreten durch M. M. Collins und B. Shipsey, der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Kruse, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. E. Collins im Beistand von Barrister A. Robertson, und der Kommission, vertreten durch B. Doherty und W. Wils, in der Sitzung vom 15. März 2000,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Mai 2000,
folgendes
Urteil
1. Der Supreme Court hat mit Beschluss vom 16. Juni 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 21. September 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) drei Fragen nach der Auslegung der Artikel 85, 86 und 222 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG, 82 EG und 295 EG) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Fragen stellen sich in zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen der Masterfoods Ltd (im Folgenden: Masterfoods) und der HB Ice Cream Ltd, jetzt Van den Bergh Foods Ltd (im Folgenden: HB) wegen der Ausschließlichkeitsklausel in den Vereinbarungen über die Aufstellung von Kühltruhen, die die HB mit Wiederverkäufern von zum sofortigen Verzehr bestimmtem Speiseeis geschlossen hat.
Die Ausgangsrechtsstreitigkeiten
3. Die HB, eine 100%ige Tochtergesellschaft der Unilever-Gruppe, ist der Haupthersteller von Speiseeis in Irland. Sie stellt den Speiseeis-Wiederverkäufern seit mehreren Jahren kostenlos oder gegen einen geringfügigen Mietzins in ihrem Eigentum verbleibende Kühltruhen unter der Bedingung zur Verfügung, dass sie ausschließlich für die von ihr hergestellten Speiseeiserzeugnisse benutzt werden (Ausschließlichkeitsklausel).
4. Masterfoods, eine Tochtergesellschaft der amerikanis...