Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug, Leasing von Fahrzeugen, Entstehung des Vorsteuerabzugs beim Fahrzeugleasing
Leitsatz (amtlich)
1. Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass
‐ ein gemietetes Kraftfahrzeug als für die Zwecke der besteuerten Umsätze des Steuerpflichtigen verwendet angesehen wird, wenn ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verwendung dieses Fahrzeugs und der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen besteht, und dass das Recht auf Vorsteuerabzug mit Ablauf des Zeitraums entsteht, auf den sich die jeweilige Zahlung bezieht, und für das Bestehen eines solchen Zusammenhangs auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist;
‐ ein aufgrund eines Leasingvertrags gemietetes und als Investitionsgut eingestuftes Kraftfahrzeug als für die Zwecke der besteuerten Umsätze verwendet angesehen wird, wenn der Steuerpflichtige es als solcher erwirbt und vollständig dem Vermögen seines Unternehmens zuordnet, wobei die Vorsteuer grundsätzlich vollständig und sofort abziehbar ist und jede Verwendung des genannten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder für unternehmensfremde Zwecke einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt ist.
2. Die Art. 168 und 176 der Richtlinie 2006/112 stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, die den Vorsteuerabzug für Gegenstände und Dienstleistungen ausschließt, die für unentgeltliche Umsätze oder für andere Tätigkeiten als die wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen bestimmt sind, sofern die als Investitionsgüter eingestuften Gegenstände nicht dem Unternehmensvermögen zugeordnet sind.
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 168, 176
Beteiligte
Direktor na Direktsia Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto - Varna pri Tsentralno upravlenie na Natsionalnata agentsia za prihodite |
Verfahrensgang
Administrativen sad Varna (Bulgarien) (Urteil vom 24.02.2011; ABl. EU 2011, Nr. C 145/21) |
Tatbestand
„Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 168 und 176 ‐ Recht auf Vorsteuerabzug ‐ Voraussetzung der Verwendung der Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke besteuerter Umsätze ‐ Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug ‐ Mietvertrag über ein Kraftfahrzeug ‐ Leasingvertrag ‐ Fahrzeug, das der Arbeitgeber für die unentgeltliche Beförderung eines Arbeitnehmers von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück verwendet“
In der Rechtssache C-118/11
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administrativen sad Varna (Bulgarien) mit Entscheidung vom 24. Februar 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 7. März 2011, in dem Verfahren
Eon Aset Menidjmunt OOD
gegen
Direktor na Direktsia „Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto“ ‐ Varna pri Tsentralno upravlenie na Natsionalnata agentsia za prihodite
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter) sowie der Richter U. Lõhmus, A. Ó Caoimh, A. Arabadjiev und C. G. Fernlund,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der bulgarischen Regierung, vertreten durch T. Ivanov und D. Drambozova als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und D. Roussanov als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 168, 173 und 176 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Eon Aset Menidjmunt OOD (im Folgenden: Eon Aset) und dem Direktor na Direktsia „Obzhalvane i upravlenie na izpalnenieto“ ‐ Varna pri Tsentralno upravlenie na Natsionalnata agentsia za prihodite (Direktor der Direktion „Anfechtung und Vollzugsverwaltung“ Varna bei der Zentralverwaltung der Nationalen Agentur für Einnahmen) über den Steuerprüfungsbescheid, mit dem infolge der Versagung des Rechts auf Vorsteuerabzug eine Mehrwertsteuerschuld von Eon Aset festgestellt wurde.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:
„Als ‚wirtschaftliche Tätigkeit‘ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.“
Rz. 4
Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:
„Als ‚Lieferung von Gegenständen‘ gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen...