Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerungsgrundlage bei Ratespielen unter Ausschluss des Rechtsweges, Gewinnprämien gehören zur Besteuerungsgrundlage
Leitsatz (amtlich)
1. Artikel 2 Nummer 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass eine Dienstleistung, die gegen Entgelt erbracht wird, aber auf eine unvollkommene Verbindlichkeit zurückgeht, weil vereinbart worden ist, dass der Dienstleistende hinsichtlich der Erbringung dieser Dienstleistung nur eine Ehrenschuld eingeht, einen der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsatz darstellt.
2. Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass der Gesamtbetrag der vom Veranstalter eines Wettbewerbs eingenommenen Teilnahmegebühren die Besteuerungsgrundlage für diesen Wettbewerb bildet, wenn der Veranstalter über diesen Betrag frei verfügen kann.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 2 Nr. 1, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a
Beteiligte
Town & County Factors Ltd |
Commissioners of Customs & Excise |
Verfahrensgang
VAT and Duties Tribunal Manchester (Vereinigtes Königreich) |
Tatbestand
Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie - Geltungsbereich - Wettbewerb, bei dem der Veranstalter nur eine Ehrenschuld eingeht - Besteuerungsgrundlage
In der Rechtssache C-498/99
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom VAT and Duties Tribunal Manchester (Vereinigtes Königreich) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Town & County Factors Ltd
gegen
Commissioners of Customs & Excise
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 2 Nummer 1, 6 Absatz 1 und 11 Teil A Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin der Zweiten Kammer N. Colneric in Wahrnehmung der Aufgaben der Präsidentin der Sechsten Kammer sowie der Richter C. Gulmann, J.-P. Puissochet, R. Schintgen (Berichterstatter) und V. Skouris,
Generalanwältin: C. Stix-Hackl
Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- der Town & County Factors Ltd, vertreten durch R. Cordara, QC, und P. Cargill-Thompson, Barrister, beauftragt durch Ernst & Young, Tax advisers,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. E. Collins als Bevollmächtigten im Beistand von K. P. E. Lasok, QC,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal als Bevollmächtigten,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Town & County Factors Ltd, vertreten durch R. Cordara und P. Cargill-Thompson, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. E. Collins im Beistand von K. P. E. Lasok, der deutschen Regierung, vertreten durch B. Muttelsee-Schön als Bevollmächtigte, und der Kommission, vertreten durch R. Lyal, in der Sitzung vom 27. Juni 2001,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 27. September 2001,
folgendes
Urteil
1. Das VAT and Duties Tribunal Manchester hat mit Beschluss vom 16. Dezember 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Dezember 1999, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 2 Nummer 1, 6 Absatz 1 und 11 Teil A Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, nachfolgend: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Town & County Factors Ltd (nachfolgend: Town & County) und den im Vereinigten Königreich für die Erhebung der Mehrwertsteuer zuständigen Commissioners of Customs & Excise (nachfolgend: Commissioners) wegen der Entrichtung der Mehrwertsteuer für die Veranstaltung von Wettbewerben.
Die Gemeinschaftsregelung
3. Artikel 2 der Sechsten Richtlinie, der den Abschnitt II (Steueranwendungsbereich) bildet, bestimmt:
Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;
2. …
4. Artikel 6 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie lautet:
Als Dienstleistung gilt jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstands im Sinne des Artikels 5 ist.
Diese Leistung kann unter anderem bestehen
- in der Abtretung eines unkörperlichen Gegenstands, gleichgültig, ob in einer Urkunde verbrieft oder nicht;
- in der Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen oder eine Handlung oder einen Zustand zu dulden;
- in der Ausführung eines Diens...