Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Verarbeitung zu einem Erzeugnis, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es wieder in die Gemeinschaft eingeführt wird

 

Beteiligte

Roquette Frères

Roquette Frères SA

Office national interprofessionnel des céréales (ONIC)

 

Tenor

Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen ist dahin auszulegen, dass die Zahlung einer Ausfuhrerstattung nicht von der Beibringung zusätzlicher Beweise abhängig gemacht werden kann, mit denen nachgewiesen werden kann, dass ein Erzeugnis in unverändertem Zustand auf den Markt des einführenden Drittlandes gelangt ist, wenn es dort einer Verarbeitung unterzogen worden ist, die als wesentlich anzusehen ist, weil das Erzeugnis in unumkehrbarer Weise zur Herstellung eines anderen Erzeugnisses verwendet worden ist, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es wieder in die Gemeinschaft ausgeführt wird.

 

Gründe

1.

Die Cour administrative d'appel Nancy hat mit Urteil vom 25. März 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 6. April 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung des Artikels 5 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Roquette Frères SA (nachfolgend: Rechtsmittelführerin) und dem Office national interprofessionnel des céréales (nachfolgend: ONIC) wegen Ausfuhrerstattungen für von Ersterer nach Österreich ausgeführten Glukosesirup.

Anwendbare Rechtsvorschriften

3.

Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 lautet:

Unbeschadet der Artikel 5 und 16 ist die Zahlung der Ausfuhrerstattung von dem Nachweis abhängig, dass die Erzeugnisse, für welche die Ausfuhrerklärung angenommen wurde, spätestens sechzig Tage nach dieser Annahme das Zollgebiet der Gemeinschaft in unverändertem Zustand verlassen haben.

4.

In Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung heißt es:

Außer von der Voraussetzung, dass das Erzeugnis das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hat, ist die Zahlung der einheitlichen oder unterschiedlichen Erstattung davon abhängig, dass das Erzeugnis innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung in ein Drittland eingeführt wurde, es sei denn, dass es im Laufe der Beförderung infolge höherer Gewalt untergegangen ist,

  1. wenn ernste Zweifel am Erreichen der tatsächlichen Bestimmung des Erzeugnisses bestehen

    oder

  2. wenn bei dem Erzeugnis aufgrund des Unterschieds zwischen dem für das ausgeführte Erzeugnis anzuwendenden Erstattungsbetrag und den für ein gleichartiges Erzeugnis zum Zeitpunkt der Annahme der Ausfuhranmeldung geltenden Eingangsabgaben die Möglichkeit besteht, dass es in die Gemeinschaft wieder eingeführt wird.

In den im vorigen Unterabsatz genannten Fällen finden Artikel 17 Absatz 3 und Artikel 18 Anwendung.

Außerdem können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zusätzliche Beweismittel fordern, mit denen ihnen gegenüber nachgewiesen werden kann, dass das betreffende Erzeugnis tatsächlich in unverändertem Zustand auf den Markt des einführenden Drittlandes gelangt ist.

5.

Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3665/87 bestimmt:

Das Erzeugnis gilt als eingeführt, wenn die Zollförmlichkeiten für die Abfertigung zum freien Verkehr in dem betreffenden Drittland erfüllt sind.

6.

Artikel 18 der Verordnung regelt des Näheren, wie die Erfüllung der Zollförmlichkeiten nachgewiesen werden kann.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

7.

Im Anschluss an ihren Antrag auf Erstattung für die Ausfuhr von Glukosesirup nach Österreich vom 1. bis zum 7. März 1990 erhielt die Rechtsmittelführerin vom ONIC einen Vorschuss in Höhe von 254 179,82 FRF.

8.

Da die Rechtsmittelführerin die vom ONIC geforderten zusätzlichen Beweise für den Verbrauch der Glukose in unverändertem Zustand auf dem österreichischen Markt nicht hatte beibringen können, stellte das ONIC den Anspruch der Rechtsmittelführerin auf die beantragte Erstattung wieder in Frage. Es weigerte sich deshalb, die Sicherheit in Höhe von 115 % des Vorschusses, also von 292 306,79 FRF, freizugeben, und erlegte der Rechtsmittelführerin wegen ihres Versäumnisses, die geforderten Belege beizubringen, eine Geldbuße auf.

9.

Die Rechtsmittelführerin erhob beim Tribunal administratif Lille (Frankreich) Klage auf Erstattung eines Betrages in Höhe der Sicherheit. Dabei machte sie geltend, der im Rahmen des aktiven Veredelungsverkehrs ausgeführte Glukosesirup sei von seinem österreichischen Kunden zur Herstellung von Penicillin verwendet worden, von dem ein Teil anschließend wieder in die Gemeinschaft eingeführt worden sei.

10

Mit Urteil vom 7. August 1995 verurteilte das Tribunal administratif Lille das O...

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