Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsausgabenabzug, Zinszahlungen an EU-ausländische Konzernmutter, Organschaft, Schuldverhältnis zwischen verbundenen Unternehmen, Erlangung eines Steuervorteils
Normenkette
AEUV Art. 49
Beteiligte
Verfahrensgang
Högsta förvaltningsdomstol (Schweden) (Beschluss vom 05.06.2019; ABl. EU 2019, Nr. C 295/7) |
Tenor
Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach eine Gesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat die an eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft derselben Gruppe gezahlten Zinsen nicht in Abzug bringen darf, weil das zwischen ihnen bestehende Schuldverhältnis hauptsächlich zu dem Zweck begründet worden zu sein scheint, einen erheblichen Steuervorteil zu erlangen, während nicht davon ausgegangen worden wäre, dass ein solcher Steuervorteil besteht, wenn beide Gesellschaften ihren Sitz im erstgenannten Mitgliedstaat hätten, da in diesem Fall die Vorschriften über den Konzernbeitrag auf sie anwendbar gewesen wären.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta förvaltningsdomstol (Oberstes Verwaltungsgericht, Schweden) mit Entscheidung vom 5. Juni 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Juni 2019, in dem Verfahren
Lexel AB
gegen
Skatteverket
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader sowie der Richter M. Safjan und N. Jääskinen (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Bobek,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2020,
unter Berücksichtigung der Erklärungen:
- der Lexel AB, vertreten durch M. Larsén,
- des Skatteverk, vertreten durch M. Andersson Berg und M. Laxmark als Bevollmächtigte,
- der schwedischen Regierung, vertreten zunächst durch H. Eklinder, C. Meyer-Seitz, H. Shev, R. Shahsavan Eriksson, J. Lundberg, A. M. Runeskjöld, M. Salborn Hodgson, A. Falk und O. Simonsson, dann durch H. Eklinder, C. Meyer-Seitz, H. Shev, R. Shahsavan Eriksson, J. Lundberg, A. M. Runeskjöld, M. Salborn Hodgson und O. Simonsson als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch K. Bulterman und H. S. Gijzen als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Simonsson, A. Armenia, E. Ljung Rasmussen und G. Tolstoy als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 49 AEUV.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Lexel AB, einer Gesellschaft schwedischen Rechts, und dem Skatteverk (Steuerverwaltung, Schweden) wegen der Weigerung des Skatteverk, der Lexel AB den Abzug bestimmter Kosten zu gestatten, die ihr durch Zinszahlungen an eine in Frankreich ansässige Gesellschaft derselben Gruppe entstanden sind.
Rechtlicher Rahmen
Vorschriften über Zinskosten
Rz. 3
Gemäß der Grundregel in Kapitel 16 § 1 des Inkomstskattelag (1999:1229) (Einkommensteuergesetz [1999:1229]) in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung (im Folgenden: Einkommensteuergesetz) sind Zinskosten bei der Besteuerung der gewerblichen Tätigkeit eines Unternehmens abzugsfähig.
Rz. 4
Gemäß Kapitel 24 § 10a des Einkommensteuergesetzes sind Unternehmen bei der Anwendung der §§ 10b bis 10f dieses Kapitels als Interessengemeinschaft anzusehen, wenn eines der Unternehmen unmittelbar oder mittelbar, durch Beteiligungen oder auf andere Weise einen maßgeblichen Einfluss auf das andere Unternehmen hat oder die Unternehmen unter im Wesentlichen gemeinsamer Leitung stehen. Mit Unternehmen sind juristische Personen gemeint.
Rz. 5
Gemäß Kapitel 24 § 10b des Einkommensteuergesetzes darf ein durch eine Interessengemeinschaft mit anderen Unternehmen verbundenes Unternehmen – sofern sich aus § 10d oder § 10e dieses Kapitels nichts anderes ergibt – Zinskosten, die sich auf eine Verbindlichkeit gegenüber einem verbundenen Unternehmen beziehen, nicht in Abzug bringen.
Rz. 6
Aus Kapitel 24 § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes ergibt sich, dass Zinskosten, die sich auf Verbindlichkeiten im Sinne von § 10b dieses Kapitel beziehen, abzugsfähig sind, wenn die entsprechenden Einkünfte gemäß den Rechtsvorschriften des Staates, in dem das verbundene Unternehmen, dem die Einkünfte tatsächlich zugutekommen, niedergelassen ist, mit einem nominalen Steuersatz von mindestens 10% besteuert worden wären, wenn das Unternehmen nur diese Einkünfte gehabt hätte (im Folgenden: 10%-Regel).
Rz. 7
Nach Kapitel 24 § 10d Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes dürfen Zinskosten jedoch nicht in Abzug gebracht werden, wenn das Schuldverhältnis zwischen den verbundenen Unternehmen hauptsächlich zu dem Zweck begründet wurde, ihnen einen erheblichen Steuervorteil zu ve...