Entscheidungsstichwort (Thema)
EG-Privilegienprotokoll, Keine Entlastung von regionalen Steuern auf Immobilien
Normenkette
PrivProtEG Art. 13; PrivProtEG Art. 3; PrivProtEG Art. 19
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten.
3. Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen Kosten.
Tatbestand
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften ‐ Von den Gemeinschaften angemietete Immobilien ‐ Region Brüssel-Hauptstadt ‐ Steuer zu Lasten von Eigentümern“
In der Rechtssache C-437/04
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 15. Oktober 2004,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J.-F. Pasquier als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
unterstützt durch
Rat der Europäischen Union, vertreten durch G. Maganza und A.-M. Colaert als Bevollmächtigte,
Streithelfer,
gegen
Königreich Belgien, vertreten durch E. Dominkovits als Bevollmächtigte,
Beklagter,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter K. Lenaerts, E. Juhász (Berichterstatter), J. N. Cunha Rodrigues und M. Ileši&ccaron,;
Generalanwältin: C. Stix-Hackl,
Kanzler: R. Grass,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 29. Juni 2006
folgendes
Urteil
1
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Feststellung, dass das Königreich Belgien durch die Einführung einer Steuer (im Folgenden: regionale Steuer), die mit der Steuerbefreiung der Europäischen Gemeinschaften unvereinbar ist, gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 3 des Protokolls vom 8. April 1965 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften verstoßen hat; dieses Protokoll war ursprünglich dem Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1967, 152, S. 13) beigefügt und wurde dann durch den Vertrag von Amsterdam dem EG-Vertrag beigefügt (im Folgenden: Protokoll).
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
2
Gemäß Art. 28 Abs. 1 des Vertrags zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, und jetzt, seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam, gemäß Art. 291 EG sowie laut dem einzigen Erwägungsgrund des Protokolls genießt die Europäische Gemeinschaft im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe des Protokolls.
3
Artikel 3 des Protokolls bestimmt:
„Die Gemeinschaften, ihre Guthaben, Einkünfte und sonstigen Vermögensgegenstände sind von jeder direkten Steuer befreit.
Die Regierungen der Mitgliedstaaten treffen in allen Fällen, in denen es ihnen möglich ist, geeignete Maßnahmen für den Erlass oder die Erstattung des Betrages der indirekten Steuern und Verkaufsabgaben, die in den Preisen für bewegliche oder unbewegliche Güter inbegriffen sind, wenn die Gemeinschaften für ihren Dienstbedarf größere Einkäufe tätigen, bei denen derartige Steuern und Abgaben im Preis enthalten sind. Die Durchführung dieser Maßnahmen darf jedoch den Wettbewerb innerhalb der Gemeinschaften nicht verfälschen.
Von den Abgaben, die lediglich die Vergütung für Leistungen gemeinnütziger Versorgungsbetriebe darstellen, wird keine Befreiung gewährt.“
4
Artikel 13 des Protokolls lautet:
„Von den Gehältern, Löhnen und anderen Bezügen, welche die Gemeinschaften ihren Beamten und sonstigen Bediensteten zahlen, wird zugunsten der Gemeinschaften eine Steuer gemäß den Bestimmungen und dem Verfahren erhoben, die vom Rat auf Vorschlag der Kommission festgelegt werden.
Die Beamten und sonstigen Bediensteten sind von innerstaatlichen Steuern auf die von den Gemeinschaften gezahlten Gehälter, Löhne und Bezüge befreit.“
5
Artikel 19 des Protokolls sieht vor:
„Bei der Anwendung dieses Protokolls handeln die Organe der Gemeinschaften und die verantwortlichen Behörden der beteiligten Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen.“
Nationales Recht
6
Art. 2 der Ordonnance der Region Brüssel-Hauptstadt vom 23. Juli 1992 über die regionale Steuer zu Lasten der Nutzer bebauter Grundstücke und der Inhaber dinglicher Rechte an bestimmten Immobilien (Ordonnance du 23 juillet 1992 relative à la taxe régionale à charge des occupants d’immeubles bâtis et de titulaires de droits réels sur certains immeubles de la Région de Bruxelles-Capitale, Moniteur belge vom 1. August 1992, S. 17334, im Folgenden: regionale Verordnung) sieht vor:
„Ab dem Steuerjahr 1993 wird zu Lasten der Nutzer von im Gebiet der Region Brüssel-Hauptstadt gelegenen bebauten Grundstücken und der Inhaber dinglicher Rechte an nicht zum Bewohnen bestimmten Immobilien eine jährliche Steuer erhoben; Grundlage der Besteuerung sind die am 1. Januar des Besteuerungszeitraums bestehenden Verhältnisse.“
7
A...