Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Gemeinsames Mehrwertsteuersystem. Mehrwertsteuerpflichtiger Umsatz. Begriff. Vorsteuerabzugsrecht. Verweigerung. Werbedienstleistungen, die von der Steuerbehörde als überteuert und nutzlos eingestuft werden. Fehlen von zugunsten des Steuerpflichtigen generierten Umsätzen
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 168 Buchst. a
Beteiligte
Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága |
Verfahrensgang
Veszprémi Törvényszék (Ungarn) (Beschluss vom 20.07.2020; ABl. EU 2020 Nr. C 423/14) |
Tenor
Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass ein Steuerpflichtiger die Vorsteuer für Werbedienstleistungen in Abzug bringen kann, sofern eine derartige Erbringung von Dienstleistungen einen der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsatz im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2006/112 darstellt und mit einem oder mehreren steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen oder der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen als allgemeine Aufwendungen in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang steht, ohne dass zu berücksichtigen wäre, dass der für derartige Dienstleistungen in Rechnung gestellte Preis gegenüber einem von der nationalen Steuerbehörde definierten Referenzwert überhöht ist oder dass diese Dienstleistungen nicht zu einer Steigerung des Umsatzes des Steuerpflichtigen geführt haben.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Veszprémi Törvényszék (Gerichtshof Veszprém, Ungarn) mit Entscheidung vom 20. Juli 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Juli 2020, in dem Verfahren
Amper Metal Kft.
gegen
Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin der Sechsten Kammer I. Ziemele in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Siebten Kammer sowie der Richter T. von Danwitz (Berichterstatter) und A. Kumin,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Amper Metal Kft., vertreten durch V. Pallós, ügyvéd,
- der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und R. Kissné Berta als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und O. Serdula als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und L. Havas als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Amper Metal Kft. und dem Nemzeti Adó- és Vámhivatal Fellebbviteli Igazgatósága (Rechtsbehelfsdirektion der nationalen Steuer- und Zollverwaltung, Ungarn) über die Weigerung der genannten Rechtsbehelfsdirektion, die von Amper Metal für Werbedienstleistungen gezahlte Mehrwertsteuer zum Vorsteuerabzug zuzulassen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
…
c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt”.
Rz. 4
Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:
„Bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.”
Rz. 5
Gemäß Art. 80 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie können die Mitgliedstaaten in den von dieser Bestimmung aufgezählten Fällen zur Vorbeugung gegen Steuerhinterziehung oder -umgehung Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass der Normalwert die Steuerbemessungsgrundlage für Lieferungen von Gegenständen oder für Dienstleistungen bildet, die an solche Empfänger erbracht werden, zu denen familiäre oder andere enge persönliche Bindungen, Bindungen aufgrund von Leitungsfunktionen oder Mitgliedschaften sowie eigentumsrechtliche, finanzielle oder rechtliche Bindungen gemäß der Definition des Mitgliedstaats bestehen.
Rz. 6
Art. 168 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:
„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die in die...