Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermittlung, Ort der Dienstleistung, Vermittlung im Auftrag einer Privatperson
Leitsatz (amtlich)
1. Artikel 28b Teil E Absatz 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der Fassung der Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388 ist nicht so auszulegen, dass er nur Vermittlungsleistungen betrifft, deren Empfänger ein Steuerpflichtiger oder eine nicht mehrwertsteuerpflichtige juristische Person ist.
2. Fällt ein Vermittlungsumsatz unter Artikel 28b Teil E Absatz 3 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der geänderten Fassung, so ist für die Bestimmung des Ortes, an dem die den Vermittlungsleistungen zugrunde liegenden Umsätze getätigt worden sind, Artikel 28b Teile A und B dieser Richtlinie heranzuziehen.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 28b Teil E Abs. 3
Beteiligte
Staatssecretaris van Financiën |
Verfahrensgang
Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 14.02.2003) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Artikel 28b Teil E Absatz 3 ‐ Vermittlungsdienste ‐ Ort der Leistung“
In der Rechtssache C-68/03
betreffend ein dem Gerichtshof gemäß Artikel 234 EG vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit
Staatssecretaris van Financiën
gegen
D. Lipjes
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 28b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der Fassung der Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388 (ABl. L 376, S. 1)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter), der Richter A. Rosas und A. La Pergola, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie des Richters K. Lenaerts,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,Kanzler: R. Grass,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
‐
der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte,
‐
der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. I. Fernandes und Â. Seiça Neves als Bevollmächtigte,
‐
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und D. W. V. Zijlstra als Bevollmächtigte,
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Januar 2004,
folgendes
Urteil
1
Der Hoge Raad der Nederlanden hat mit Urteil vom 14. Februar 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Februar 2003, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 28b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der Fassung der Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388 (ABl. L 376, S. 1) (im Folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Staatssecretaris van Financiën und Herrn Lipjes darüber, ob Vermittlungsleistungen, die dieser in Frankreich erbracht hat, der Mehrwertsteuer unterliegen.
Ausgangsverfahren, rechtlicher Rahmen und Vorlagefragen
3
Herr Lipjes, der in den Niederlanden wohnt, befasst sich gewerbsmäßig mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Vergnügungsbooten und der Vermittlung beim An- und Verkauf von Yachten. 1996 und 1997 wurde er zweimal beim Kauf von in Frankreich liegenden Yachten tätig, offenkundig in beiden Fällen für Rechnung eines privaten in den Niederlanden wohnhaften Käufers, während der Verkäufer eine in Frankreich wohnende Privatperson war. Er meldete weder in den Niederlanden noch in Frankreich die mit diesen Vermittlungsumsätzen verbundene Mehrwertsteuer an.
4
Nach einer Rechnungsprüfung erhoben die niederländischen Steuerbehörden nachträglich Mehrwertsteuer auf diese Dienstleistungen. Der Gerechtshof Den Haag (Niederlande), der mit der Angelegenheit befasst wurde, vertrat die Auffassung, dass die Vermittlungsleistungen unter Berücksichtigung des Ortes, an dem sich die Yachten zum Zeitpunkt des Verkaufs befunden hätten, nicht in den Niederlanden erbracht worden seien und dass Herr Lipjes daher zu Recht in diesem Mitgliedstaat keine Mehrwertsteuer angemeldet habe.
5
Der Gerechtshof stützte sich dabei auf Artikel 6a Absatz 3 Buchstabe c der Wet op de omzetbelasting 1968 (Umsatzsteuergesetz 1968) vom 28. Juni 1968 (Staatsblad 1968, 329) in der Fassung...