Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif, Tarifierung, Camcorder, Unterposition 8525 40 99
Leitsatz (amtlich)
Ein Camcorder ist nur dann in die Unterposition 8525 40 99 KN im Sinne von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnungen (EG) Nr. 2263/2000 der Kommission vom 13. Oktober 2000, Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 und Nr. 1789/2003 der Kommission vom 11. September 2003 geänderten Fassung einzureihen, wenn zum Zeitpunkt der Zollabfertigung die Funktion zur Aufzeichnung von Bild- und Tonaufnahmen aus anderen Quellen als mittels der eingebauten Kamera oder des eingebauten Mikrofons freigeschaltet ist oder wenn diese Funktion, selbst wenn der Hersteller nicht auf dieses Merkmal hinweisen wollte, nachträglich von einem Benutzer ohne besondere Kenntnisse leicht freigeschaltet werden kann, ohne dass der Camcorder materiell verändert wird. Im Fall einer nachträglichen Freischaltung ist außerdem erforderlich, dass der Camcorder zum einen nach der Freischaltung in der gleichen Weise funktioniert wie ein Camcorder, bei dem die Funktion zur Aufzeichnung von Bild- und Tonaufnahmen aus anderen Quellen als mittels der eingebauten Kamera oder des eingebauten Mikrofons zum Zeitpunkt der Zollabfertigung aktiv ist, und dass er zum anderen autonom funktioniert. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss zum Zeitpunkt der Zollabfertigung geprüft werden können. Es ist Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Sind sie nicht erfüllt, ist dieser Camcorder in die Unterposition 8525 40 91 KN einzureihen.
Normenkette
EWGV 2658/87 Anhang I
Beteiligte
Verfahrensgang
Tatbestand
„Gemeinsamer Zolltarif ‐ Tarifierung ‐ Kombinierte Nomenklatur ‐ Camcorder“
In den verbundenen Rechtssachen C-208/06 und C-209/06
betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidungen vom 4. Mai 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Mai 2006, in den Verfahren
Medion AG (C-208/06)
gegen
Hauptzollamt Duisburg
und
Canon Deutschland GmbH (C-209/06)
gegen
Hauptzollamt Krefeld
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter J. N. Cunha Rodrigues, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh sowie der Richterin P. Lindh (Berichterstatterin),
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Medion AG und der Canon Deutschland GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt H. Nehm,
‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und A.-L. During als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Hottiaux als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt B. Wägenbaur,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Unterpositionen 8525 40 91 und 8525 40 99 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1) in der durch die Verordnungen (EG) Nr. 2263/2000 der Kommission vom 13. Oktober 2000 (ABl. L 264, S. 1), Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 (ABl. L 279, S. 1) und Nr. 1789/2003 der Kommission vom 11. September 2003 (ABl. L 281, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: KN).
2
Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen der Medion AG (im Folgenden: Medion) und dem Hauptzollamt Duisburg sowie der Canon Deutschland GmbH (im Folgenden: Canon) und dem Hauptzollamt Krefeld wegen der Einreihung von Camcordern in die KN, die von diesen beiden Firmen nach Deutschland eingeführt werden.
Rechtlicher Rahmen
3
Die durch die Verordnung Nr. 2658/87 eingeführte KN beruht auf dem weltweiten Harmonisierten System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS), das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens, jetzt Weltzollorganisation, ausgearbeitet und durch das am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossene internationale Übereinkommen eingeführt wurde, das im Namen der Gemeinschaft mit dem Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. L 198, S. 1) genehmigt wurde. Die KN übernimmt die Positionen und sechsstelligen Unterpositionen des HS; nur die siebte und die achte Stelle bilden eigene Unterteilungen.
4
Teil II der KN umfasst einen Abschnitt XVI, der ein Kapitel 85 mit der Überschrift „Elektrisch...