Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug, Vorsteuerberichtigung, Rechnungstellung, Aufteilung von Preisnachlässen nach der innergemeinschaftlichen oder inländischen Herkunft der gelieferten Waren

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 185

 

Beteiligte

World Comm Trading Gfz

World Comm Trading Gfz SRL

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală (ANAF)

Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Ploieşti

 

Verfahrensgang

Curtea de Apel Bukarest (Rumänien) (Beschluss vom 26.09.2018; ABl. EU 2019, Nr. C 44/13)

 

Tenor

1. Art. 185 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die nationalen Steuerbehörden von einem Steuerpflichtigen eine Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs verlangen müssen, wenn sie, nachdem dieser Rabatte für inländische Warenlieferungen erhalten hat, feststellen, dass der ursprüngliche Vorsteuerabzug höher war als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war.

2. Art. 185 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass ein in einem Mitgliedstaat niedergelassener Steuerpflichtiger zur Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs verpflichtet ist, selbst wenn der Lieferer dieses Steuerpflichtigen seine Tätigkeit in diesem Mitgliedstaat eingestellt hat und dieser Lieferer daher die Erstattung eines Teils der entrichteten Mehrwertsteuer nicht mehr beantragen kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curtea de Apel Bucureşti (Berufungsgericht Bukarest, Rumänien) mit Entscheidung vom 26. September 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 6. November 2018, in dem Verfahren

World Comm Trading Gfz SRL

gegen

Agenţia Naţională de Administrare Fiscală (ANAF),

Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Ploieşti

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. Rodin, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters N. Piçarra,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der World Comm Trading Gfz SRL, vertreten durch L. Ionescu-Donoiu, avocată,
  • der rumänischen Regierung, zunächst vertreten durch E. Gane, R. I. Haţieganu und C.-R. Canţăr, dann durch E. Gane und R. I. Haţieganu als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Armenia und J. Jokubauskaite als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 90 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie) sowie der Grundsätze der Neutralität der Mehrwertsteuer und der Verhältnismäßigkeit.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der World Comm Trading Gfz SRL (im Folgenden: World Comm Trading), einem Unternehmen mit Sitz in Rumänien, einerseits und der Agenţia Naţională de Administrare Fiscală (ANAF) (Staatliche Steuerverwaltungsagentur, Rumänien) sowie der Direcţia Generală Regională a Finanţelor Publice Ploieşti (Regionale Generaldirektion für öffentliche Finanzen Ploieşti, Rumänien) andererseits über die Berichtigung der von World Comm Trading geforderten Mehrwertsteuer infolge der ihr eingeräumten Rabatte für innergemeinschaftliche und inländische Lieferungen, die der Mehrwertsteuer unterliegen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 90 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:

„(1) Im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes wird die Steuerbemessungsgrundlage unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert.

(2) Die Mitgliedstaaten können im Falle der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung von Absatz 1 abweichen.”

Rz. 4

Art. 184 dieser Richtlinie lautet:

„Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird berichtigt, wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war.”

Rz. 5

Art. 185 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1) Die Berichtigung erfolgt insbesondere dann, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Mehrwertsteuererklärung geändert haben, zum Beispiel bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten.

(2) Abweichend von Absatz 1 unterbleibt die Berichtigung bei Umsätzen, bei denen keine oder eine nicht vollständige Zahlung geleistet wurde, in ordnungsgemäß nachgewiesenen oder belegten Fällen von Zerstörung, Verlust oder Diebstahl sowie bei Entnahmen für Geschenke von geringem Wert und Warenmuster im Sinne des Artikels 16.

Bei Umsätzen, bei denen keine oder eine nicht vollständige Zahlung erfolgt, und bei Diebstahl können die Mitgliedst...

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