Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermächtigung zu verstärkter Zusammenarbeit, Keine Nichtigerklärung des Beschlusses 2013/52/EU des Rates, Abweisung der Klage des Vereinigten Königreichs
Leitsatz (amtlich)
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt die Kosten.
3. Das Königreich Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik, die Republik Österreich, die Portugiesische Republik, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.
Leitsatz (redaktionell)
Klageabweisung zu dem Antrag, den Beschluss 2013/52/EU des Rates vom 22. Januar 2013 über die Ermächtigung zu einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer für nichtig zu erklären.
Normenkette
AEUV Art. 329 Abs. 1, Art. 327, 332
Beteiligte
Vereinigtes Königreich / Rat |
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland |
Rat der Europäischen Union |
Tatbestand
„Gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem ‐ Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit nach Art. 329 Abs. 1 AEUV ‐ Beschluss 2013/52/EU ‐ Klage auf Nichtigerklärung wegen Verstoßes gegen die Art. 327 AEUV und 332 AEUV sowie gegen Völkergewohnheitsrecht“
In der Rechtssache C-209/13
betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV, eingereicht am 18. April 2013,
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland,vertreten durch E. Jenkinson und S. Behzadi Spencer als Bevollmächtigte im Beistand von M. Hoskins, QC, P. Baker, QC, und V. Wakefield, Barrister,
Kläger,
gegen
Rat der Europäischen Union, vertreten durch A.-M. Colaert, F. Florindo Gijón und A. de Gregorio Merino als Bevollmächtigte,
Beklagter,
unterstützt durch
Königreich Belgien, vertreten durch J.-C. Halleux und M. Jacobs als Bevollmächtigte,
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch T. Henze, J. Möller und K. Petersen als Bevollmächtigte,
Französische Republik, vertreten durch D. Colas und J.-S. Pilczer als Bevollmächtigte,
Republik Österreich, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
Portugiesische Republik, vertreten durch L. Inez Fernandes, J. Menezes Leitão und A. Cunha als Bevollmächtigte,
Europäisches Parlament, vertreten durch A. Neergaard und R. van de Westelaken als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Europäische Kommission, vertreten durch R. Lyal, B. Smulders und W. Mölls als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelfer,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts (Berichterstatter) sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis und J.-C. Bonichot,
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Mit seiner Klage beantragt das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland die Nichtigerklärung des Beschlusses 2013/52/EU des Rates vom 22. Januar 2013 über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer (ABl. L 22, S. 11, im Folgenden: angefochtener Beschluss).
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Rz. 2
Am 28. September 2011 nahm die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das gemeinsame Finanztransaktionssteuersystem und zur Änderung der Richtlinie 2008/7/EG (KOM[2011] 594 endgültig, im Folgenden: Vorschlag von 2011) an.
Rz. 3
Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) dieses Vorschlags von 2011 bestimmte in Abs. 2:
„Diese Richtlinie findet auf alle Finanztransaktionen Anwendung, sofern zumindest eine an der Transaktion beteiligte Partei in einem Mitgliedstaat ansässig ist und ein im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates ansässiges Finanzinstitut eine Transaktionspartei darstellt, wobei diese entweder für eigene oder fremde Rechnung oder im Namen einer Transaktionspartei handelt.“
Rz. 4
Art. 3 („Ansässigkeit“) des Vorschlags von 2011 sah in Abs. 1 vor:
„Für die Zwecke dieser Richtlinie gilt ein Finanzinstitut als im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates ansässig, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
…
(e) es ist eine für eigene oder fremde Rechnung oder im Namen einer Transaktionspartei handelnde Partei einer Finanztransaktion mit einem anderen gemäß den Buchstaben a, b, c oder d in diesem Mitgliedstaat ansässigen Finanzinstitut oder mit einer im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates ansässigen Partei, die kein Finanzinstitut ist.“
Rz. 5
Nach drei Tagungen des Rates der Europäischen Union, die am 22. und 29. Juni sowie am 10. Juli 2012 stattgefunden hatten, wurde deutlich, dass der Grundsatz eines gemeinsamen Finanztransaktionssteuersystems in absehbarer Zeit im Rat keine einstimmige Unterstützung finden wird und das Ziel, ein solches gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem einzuführen, daher von der Europäischen Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines realistischen Zeitraums verwirklicht werden k...