2.1 Begriffsbestimmungen
Die in der Europäischen Erbrechtsversordnung verwendeten Begriffe sind aus dem deutschen Erbrecht bekannt und werden synonym verwendet.
Rechtsnachfolge von Todes wegen
Rechtsnachfolge von Todes wegen ist jede Form des Übergangs von Vermögenswerten, Rechten und Pflichten von Todes wegen, sei es im Wege der gewillkürten Erbfolge durch eine Verfügung von Todes wegen oder im Wege der gesetzlichen Erbfolge.
Erbvertrag
Erbvertrag ist eine Vereinbarung, einschließlich einer Vereinbarung aufgrund gegenseitiger Testamente, die mit oder ohne Gegenleistung Rechte am künftigen Nachlass oder künftigen Nachlässen einer oder mehrerer an dieser Vereinbarung beteiligter Personen begründet, ändert oder entzieht.
Gemeinschaftliches Testament
Gemeinschaftliches Testament ist ein von zwei oder mehr Personen in einer einzigen Urkunde errichtetes Testament.
Verfügung von Todes wegen
Verfügung von Todes wegen ist der Oberbegriff für Testament, gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag.
2.2 Zuständigkeit
Allgemeine Zuständigkeit
Für Entscheidungen in Erbsachen sind für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Gerichtsstandsvereinbarung
Hat der Erblasser ein Recht gewählt (Art. 22 Europäische Erbrechtsverordnung, s.u. Tz. 2.5), so können die betroffenen Parteien vereinbaren, dass für Entscheidungen in Erbsachen ausschließlich ein Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig sein sollen. Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung bedarf der Schriftform und ist zu datieren und von den betroffenen Parteien zu unterzeichnen. Elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, sind der Schriftform gleichgestellt.
Rechtswahl
Ist das Recht, das der Erblasser gewählt hat, das Recht eines Mitgliedstaats, so verfährt das angerufene Gericht wie folgt:
Es kann sich auf Antrag einer der Verfahrensparteien für unzuständig erklären, wenn seines Erachtens die Gerichte des Mitgliedstaats des gewählten Rechts in der Erbsache besser entscheiden können, wobei es die konkreten Umstände der Erbsache berücksichtigt, wie etwa den gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien und den Ort, an dem die Vermögenswerte belegen sind, oder
es erklärt sich für unzuständig, wenn die Verfahrensparteien die Zuständigkeit eines Gerichts oder der Gerichte des Mitgliedstaats des gewählten Rechts vereinbart haben.
Die Gerichte eines Mitgliedstaats, dessen Recht der Erblasser gewählt hat, sind für die Entscheidungen in einer Erbsache zuständig, wenn
- sich ein zuvor angerufenes Gericht in derselben Sache für unzuständig erklärt hat,
- die Verfahrensparteien die Zuständigkeit eines Gerichts oder der Gerichte dieses Mitgliedstaats vereinbart haben oder
- die Verfahrensparteien die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ausdrücklich anerkannt haben.
2.3 Welches Recht gilt seit dem 17.8.2015 ohne Rechtswahl (Allgemeine Kollisionsnorm)
Grundsatz
Die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Art. 21 Europäische Erbrechtsverordnung).
Ausnahme
Ergibt sich aber aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Erblasser im Todeszeitpunkt eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Staat hatte, so ist auf den Erbfall dessen Recht anzuwenden (Art. 21 Abs. 2 Europäische Erbrechtsverordnung).
2.4 Unterscheidung Erbvertrag und sonstige Verfügungen von Todes wegen
2.4.1 Erbverträge
Erbverträge sind aufgrund deren vertraglicher Bindungswirkung anders zu behandeln als sonstige Verfügungen.
Erbvertrag betreffend den Nachlass einer einzigen Person
Die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen eines Erbvertrags, der den Nachlass einer einzigen Person betrifft, unterliegen dem Recht, das nach dieser Verordnung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden wäre, wenn diese Person zu dem Zeitpunkt verstorben wäre, in dem der Erbvertrag geschlossen wurde.
Erbvertrag betreffend den Nachlass mehrerer Personen
Betrifft der Erbvertrag den Nachlass mehrerer Personen, ist nur zulässig, wenn er nach jedem der Rechte zulässig ist, die nach der Europäischen Erbrechtsverordnung auf die Rechtsnachfolge der einzelnen beteiligten Personen anzuwenden wären, wenn sie zu dem Zeitpunkt verstorben wären, in dem der Erbvertrag geschlossen wurde.
Ungeachtet dessen können die Parteien für die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen ihres Erbvertrags, einschließlich der Voraussetzungen für seine Auflösung, das Recht wählen, das die Person oder eine der Personen, deren Nachlass betroffen ist, nach den Grundsätzen der Rechtswahl (s.u. Tz. 2.5) hätte wählen können.
2.4.2 Sonstige Verfügungen von Todes wegen
Die Zulässigkeit und die materielle Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen mit Ausnahme eines Erbvertrags unterliegen dem Recht, das nach dieser Verordnung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden wäre, wenn die Person, die die Verfügung errichtet hat, zu diesem Zeitpunkt verstorben wäre. Dies gilt für die Änderung oder den Widerruf einer Verfügung von Todes wegen mit Ausnahme eines Erbvertrags entsprechend.
Es kann aber für die...