2.4.1 Erbverträge
Erbverträge sind aufgrund deren vertraglicher Bindungswirkung anders zu behandeln als sonstige Verfügungen.
Erbvertrag betreffend den Nachlass einer einzigen Person
Die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen eines Erbvertrags, der den Nachlass einer einzigen Person betrifft, unterliegen dem Recht, das nach dieser Verordnung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden wäre, wenn diese Person zu dem Zeitpunkt verstorben wäre, in dem der Erbvertrag geschlossen wurde.
Erbvertrag betreffend den Nachlass mehrerer Personen
Betrifft der Erbvertrag den Nachlass mehrerer Personen, ist nur zulässig, wenn er nach jedem der Rechte zulässig ist, die nach der Europäischen Erbrechtsverordnung auf die Rechtsnachfolge der einzelnen beteiligten Personen anzuwenden wären, wenn sie zu dem Zeitpunkt verstorben wären, in dem der Erbvertrag geschlossen wurde.
Ungeachtet dessen können die Parteien für die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen ihres Erbvertrags, einschließlich der Voraussetzungen für seine Auflösung, das Recht wählen, das die Person oder eine der Personen, deren Nachlass betroffen ist, nach den Grundsätzen der Rechtswahl (s.u. Tz. 2.5) hätte wählen können.
2.4.2 Sonstige Verfügungen von Todes wegen
Die Zulässigkeit und die materielle Wirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen mit Ausnahme eines Erbvertrags unterliegen dem Recht, das nach dieser Verordnung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden wäre, wenn die Person, die die Verfügung errichtet hat, zu diesem Zeitpunkt verstorben wäre. Dies gilt für die Änderung oder den Widerruf einer Verfügung von Todes wegen mit Ausnahme eines Erbvertrags entsprechend.
Es kann aber für die Zulässigkeit und die materielle Wirksamkeit der Verfügung von Todes wegen das Recht gewählt werden, das sie nach den Grundsätzen der Rechtswahl (s.u. Tz. 2.5) hätte wählen können. Die Änderung oder der Widerruf der letztwilligen Verfügung richtet sich dann ebenfalls nach dem gewählten Recht.
2.4.3 Begriff der materiellen Wirksamkeit von Verfügungen von Todes wegen
Zur materiellen Wirksamkeit von Verfügungen von Todes wegen (s.o. Tz. 2.4.1 und 2.4.2) gehören:
die Testierfähigkeit des Erblassers;
die besonderen Gründe, aufgrund deren der Erblasser nicht zugunsten bestimmter Personen verfügen darf oder aufgrund deren eine Person kein Nachlassvermögen vom Erblasser erhalten darf;
die Zulässigkeit der Stellvertretung bei der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen;
die Auslegung der Verfügung;
Täuschung, Nötigung, Irrtum und alle sonstigen Fragen in Bezug auf Willensmängel oder Testierwillen des Erblassers.