Fehlende Aussagen: Die Feststellungen des EuGH, dass die Leistungen auch an die "Ausführer" bzw. "Einführer" (bzw. generell an "Verfügungsberechtigte") steuerfrei erbracht werden können, finden beim BMF überhaupt keine Berücksichtigung, was unglücklich ist, weil diese Personen ja genauso wenig wie die "Versender" oder "Empfänger" mit dem "liefernden Unternehmer" oder "Abnehmer" identisch sein müssen.
Ausführer: Auf welchen Ausführerbegriff sich der EuGH bezieht, wenn er vom "Ausführer" spricht, wird in dem Urteil nicht deutlich. Vermutlich meint er den "Ausführer" im zollrechtlichen Sinn (einen "mehrwertsteuerlichen Ausführer" gibt es ja nicht). Nach den Regelungen des Zollrechts kann die Ausfuhranmeldung grundsätzlich von jeder unionsansässigen Person abgegeben werden, die zur Gestellung der Waren und zur Vorlage aller für die Ausfuhr notwendigen Dokumente in der Lage ist. Nach Art. 1 Nr. 19 b) i) VO (EU) 2015/2446 (UZK-DV) ist zollrechtlicher Ausführer grundsätzlich diejenige natürliche oder juristische Person, welche im Zollgebiet der Union ansässig ist und über das Verbringen der Ware die Bestimmungsbefugnis besitzt und diese auch ausübt. Das kann z.B. der liefernde Unternehmer sein, wenn er Waren "frei Haus" an einen Kunden in den USA liefert.
Übertragung: Die Befugnis, über das Verbringen zu bestimmen, kann aber übertragen werden, um den Wirtschaftsbeteiligten eine größere Flexibilität bei der Vereinbarung des zollrechtlichen Ausführers zu bieten. Im Gegensatz zur früheren Regelung ist es nicht mehr erforderlich, dass der Ausführer Vertragspartner des Empfängers im Drittland ist. Das ist z.B. relevant, wenn ein Verkäufer (V) Waren "ab Werk" an einen Unionsfremden (UF) verkauft. UF kann nicht Ausführer sein, kann aber die Bestimmungsbefugnis vertraglich z.B. auf den (unionsansässigen) Spediteur (S) übertragen, der die Waren in seinem Auftrag abholt. Dann ist S (zollrechtlicher) Ausführer. Da S die Leistungen als Spediteur nur besorgt, beauftragt er z.B. einen Zollagenten (Z) mit der Durchführung der Zollformalitäten und einen Frachtführer (F) mit dem Transport. Die Leistungen von Z und F an S (also an den Ausführer) wären nach den Aussagen des EuGH steuerfrei. Nach den Aussagen des BMF wohl nicht, weil S nicht "liefernder Unternehmer" ist.
AWG: Zu anderen Ergebnissen könnte man gelangen, wenn man für den Begriff des Ausführers nicht den zollrechtlichen Begriff, sondern die Definition des § 2 AWG zugrunde legen würde. Nach dieser Regelung ist "Ausführer" immer der der Vertragspartner des Ausfuhrvertrages (vgl. § 2 Abs. 2 AWG).
Einführer: Der Begriff des Einführers ist im Zollrecht nicht geregelt. Für seine Bestimmung wird regelmäßig auf § 2 Abs. 10 AWG abgestellt. In diesem wird geregelt, dass Einführer die (natürliche oder juristische) Person oder Personengesellschaft ist, die Waren aus Drittländern ins Inland liefert oder liefern lässt und über die Lieferung der Waren bestimmt. Liegt allerdings der Einfuhr ein Vertrag mit einem Unionsfremden über den Erwerb von Gütern zum Zweck der Einfuhr zugrunde, so ist nur der inländische Vertragspartner Einführer.