Bestätigung des Kunden: Alternativ könnte sich F für jeden Transport von M.E. mitteilen lassen, ob diese "liefernder Unternehmer" ist oder nicht. Abschn. 4.3.4. Abs. 3 Satz 7 UStAE nennt ausdrücklich beispielhaft eine "beleghafte Erklärung über eine Versendereigenschaft". Insbesondere bei festen Kundenbeziehungen könnten also die Kunden, die immer als "liefernde Unternehmer" Waren ins Drittland versenden, dem F bestätigen, dass sie stets als solche handeln. Damit liegen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung, die das BMF fordert, für alle für diese Kunden ausgeführten Transporte ins Drittland vor.
Vertrauensschutz: F genießt dann auch in den Fällen Vertrauensschutz, in denen sich herausstellt, dass die Angaben des Kunden über die Eigenschaft als Versender unzutreffend waren. Mehr kann von F nicht verlangt werden. Er kann ja nicht die Geschäftstätigkeit seiner Kunden einem Audit unterziehen, in dessen Rahmen er untersuchen lässt, ob sie tatsächlich "liefernder Unternehmer" sind oder nicht.
Unklare Aussagen zu "Ermessen" und "Sorgfaltspflichten": Insofern ist die Aussage der Finanzverwaltung in Abschn. 4.3.4. Abs. 3 Satz 8 UStAE etwas nebulös, wenn sie sagt, auch wenn sich herausstelle, dass die Angaben des Kunden über die Eigenschaft als Versender unzutreffend waren, könne die Steuerbefreiung zur Vermeidung von Unbilligkeiten gleichwohl gewährt werden, wenn der Unternehmer keine Kenntnis davon hatte und auch nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erkennen konnte, dass die Angaben des Versenders unzutreffend waren. Hier muss man wohl die Frage an die Finanzverwaltung zurückgeben, wie weit die Sorgfalt des "ordentlichen Kaufmanns" in diesem Zusammenhang geht und warum in den Fällen, in denen sie angewendet wurde, die "Gewährung" der Steuerbefreiung im Ermessen der Finanzverwaltung stehen soll ("kann ... gewährt werden").
Geltungszeitraum: Abschn. 4.3.4. Abs. 3 Satz 7 UStAE regelt nicht ausdrücklich den Geltungszeitraum einer solchen "Erklärung über eine Versendereigenschaft". Ist auf ihr kein Zeitraum vermerkt, auf den sie sich beziehen soll, müsste sie aber wohl, sofern sich nicht etwas anderes aus den Gesamtumständen ergibt, bis auf Weiteres gelten (d.h. bis z.B. ein Widerruf erfolgt oder eine andere Erklärung abgegeben wird). Unklar ist, ob sie auch rückwirkend gilt. Das ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln. Erbringt also ein Dienstleister im Jahr 01 ausfuhrbezogene Dienstleistungen an einen Auftraggeber und bestätigt dieser im Juni 01, Versender zu sein, wäre im Regelfall (d.h. bei einer dauernden Geschäftsbeziehung mit gleichbleibendem Leistungsinhalt) nicht nachvollziehbar, warum er – sofern er nicht ausdrücklich etwas anderes vermerkt – nicht auch bereits im Januar 01 Versender gewesen sein soll (genauso würde man ja, wie vorstehend angemerkt, vermuten, dass er auch im Dezember 01 noch Versender ist). Insbesondere im Massengeschäft (Paket-, Fulfilmentdienstleister etc.) wäre ein anderes Verständnis wohl auch wenig praktikabel.
Bestätigung bei Kunden in "Doppelrolle": Bei Kunden, die sowohl als "liefernder Unternehmer" oder "Abnehmer" handeln als auch als Beauftragter eines anderen Unternehmens, das Lieferant ist, lässt sich das Ziel erreichen, indem der Kunde bestätigt, mal in der einen, mal in der anderen Eigenschaft zu handeln, und die Transportaufträge z.B. über zwei unterschiedliche Auftrags-/Kundennummern erteilt.
Kennzeichnung bei Auftragserteilung: Denkbar ist auch, dass der Kunde z.B. bei der elektronischen Erteilung von Transportaufträgen ein bestimmtes Kennzeichen anspricht ("Häkchen" setzt), das den jeweiligen Auftrag als einen solchen qualifiziert, den er als "liefernder Unternehmer" erteilt, bzw. dass er den Auftrag nicht in dieser Form kennzeichnet, wenn er nicht "liefernder Unternehmer" ist. Soweit diese elektronischen Auftragserteilungen von F archiviert werden, dürften sie den Zweck des von der Finanzverwaltung geforderten Belegnachweises ebenfalls erfüllen.
Tauglichkeit der Bescheinigung: Über Sinn und Nutzen einer solchen Bescheinigung aus Sicht des Fiskus kann man sich seine Gedanken machen. Insbesondere, wenn der Dienstleister Vertrauensschutz genießt, ist kaum zu erkennen, wo der Schutz des Steueraufkommens (sofern man überhaupt unter der "alten Rechtslage" ein Risiko für das Steueraufkommen gesehen hat) liegen soll. Wie die Finanzverwaltung die Richtigkeit der Bescheinigungen z.B. bei einem Dienstleister mit mehreren zehntausend Kunden prüfen will, bleibt – insbesondere in Zeiten, in denen sie allenthalben das Fehlen personeller Ressourcen beklagt – ihr Geheimnis. In den meisten Fällen dürfte das gesamte Verfahren wohl eher eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Dienstleister, Kunden und die – auch in diesem Fall zu bedauernden – Betriebsprüfer darstellen.