Kläger des vorausgegangenen Verfahrens war ein in Westjordanien geborener und in Deutschland selbständig tätiger Zahnarzt, der an einem Fachkongreß syrischer Zahnärzte in Damaskus (Syrien) teilgenommen und dort einen Fachvortrag von 30 Minuten Dauer gehalten hatte. Der Kongreß hatte in der Zeit vom 9. bis 12. 10. 1989 stattgefunden. Der Kläger war in Damaskus bereits am 7. 10. 1989 eingetroffen und am 15. 10. 1989 wieder zurückgereist.
Bei der Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer hatte das Finanzamt die während der Kongreßtage (vom 9. bis 12. 10. 1989) entstandenen Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten sowie die Kongreßgebühren des Klägers als Betriebsausgaben anerkannt. Den Abzug der darüber hinausgehenden Aufwendungen (insbesondere der Reisekosten ) hatte das Finanzamt dagegen abgelehnt. Nach seiner Ansicht habe eine ausschließlich berufliche Veranlassung für die Reise nur für die Kongreßtage selbst bestanden.
Der BFH entschied, daß Aufwendungen für Fachtagungen nicht mehr im bisherigen Umfang als Betriebsausgaben anzuerkennen sind.
Zur Beurteilung der Frage, ob für eine Reise in nicht unerheblichem Umfang private Gründe eine Rolle gespielt haben, stellt der BFH – wie bisher schon – in erster Linie auf den Zweck der Reise ab. Dabei unterscheidet er zwischen
l Reisen, denen offensichtlich ein unmittelbarer beruflicher (betrieblicher) Anlaß zugrunde liegt (Beispiel: Geschäftsreisen); sie sind in der Regel ausschließlich der betrieblichen (beruflichen) Sphäre zuzuordnen. Bei solchen Reisen wird der unmittelbare betriebliche (berufliche) Anlaß als Indiz für die untergeordnete Bedeutung einer privaten Mitveranlassung gewertet.
l Reisen, denen ein solcher konkreter Bezug zur betrieblichen (beruflichen) Tätigkeit fehlt – wie dies z. B. bei Gruppenreisen zu Studienzwecken und bei Kongreßreisen der Fall ist. Solche Reisen können der betrieblichen (beruflichen) Sphäre nur zugerechnet werden, wenn nachgewiesen wird, daß sie ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im betrieblichen oder beruflichen Interesse unternommen wurden und die Verfolgung privater Interessen, wie z. B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, nach dem Anlaß der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen waren.
Der Reise des Klägers lag nach Ansicht des BFH kein unmittelbarer betrieblicher (beruflicher) Anlaß zugrunde. Das Halten eines 30minütigen Vortrags sei für sich genommen nicht geeignet, die Teilnahme eines niedergelassenen Arztes an einem Fachkongreß als unmittelbar beruflich veranlaßt anzusehen. Damit distanziert sich der BFH deutlich von einem früheren Urteil (BFH, Urteil v. 12. 4. 1979, IV R 106/77, BStBl 1979 II S. 513), in dem ein Chefarzt, der auf einem Facharztkongreß und anschließend auf Fachärztetreffen an verschiedenen Orten in Südafrika mehrere Vorträge gehalten hatte, die gesamten Reisekosten als Betriebsausgaben abziehen durfte. Nach jetziger Ansicht des BFH kann zwar das Halten eines Fachvortrags je nach der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ein unmittelbarer Anlaß für eine Reise sein; der Schluß, daß es sich in jedem Fall so verhalten muß , sei dagegen nicht gerechtfertigt. In den Gegebenheiten des Streitfalls sah der BFH keinen unmittelbaren beruflichen Anlaß für die Reise.
Damit engt der BFH den Abzug von Aufwendungen für die Teilnahme an Fachkongressen erheblich ein. Das zeigt sich vor allem bei der Beurteilung der aktiven fachlichen und organisatorischen Mitwirkung an solchen Kongressen. Während früher z. B. die Reise eines Geschäftsführers einer KG zum Kongreß eines internationalen Berufsverbands in Mexiko in erster Linie deshalb als beruflich veranlaßt angesehen wurde, weil er als Funktionär des Berufsverbandes an den einzelnen Veranstaltungen mitwirkte (BFH, Urteil v. 13. 12. 1984, VIII R 296/81, BStBl 1985 II S. 325), wurden die einschlägigen Aktivitäten des Klägers (er war Begleiter der deutschen Delegation, übersetzte wissenschaftliche Vorträge vom Deutschen ins Arabische und fungierte als Dolmetscher bei den Gesprächen mit Kollegen der zahnmedizinischen Fakultät der Universität Damaskus) als unerheblich angesehen.
Bei dieser Würdigung des Sachverhalts kann es nicht verwundern, daß dem Kläger auch hinsichtlich seiner passiven Kongreßteilnahme (nämlich als Zuhörer der Vortragsveranstaltungen) nicht der Nachweis gelang, daß er seine Reise ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im betrieblichen oder beruflichen Interesse unternommen hat. Vielmehr versagte der BFH dem Kläger im Hinblick darauf, daß die „verschiedensten privaten Motive (für die Reise) denkbar” sind – wie die Benutzung der „Gelegenheit +, den heimischen Kulturkreis, mög...