[Ohne Titel]
WP/StB Dipl.-Kfm. Dr. Bernd Langhein
I. Einleitung
Die Verschwiegenheitspflicht (z.B. gem. § 43a BRAO, § 18 BNotO, § 43 WPO, § 57 StBerG) verpflichtet Angehörige freier Berufe wie Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Ärzte, Berufspsychologen usw., über Verhältnisse anderer Personen, die ihnen bei ihrer Berufstätigkeit bekannt werden, grundsätzlich gegenüber jedem Schweigen zu bewahren. Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht ist gem. § 203 StGB eine Straftat, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe geahndet wird.
Diese Verschwiegenheitspflicht steht im Konflikt mit dem Auskunftsanspruch des Fiskus, der die Verhältnisse der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufsträger überprüfen will. Der nachfolgende Beitrag soll anhand des Beispiels eines Fahrtenbuchs für die Einkommensteuer, Umsatzsteuer und ggf. Gewerbesteuer klären, wie dieser Konflikt zu lösen ist.
II. Der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Angaben in Fahrtenbüchern
Im Fahrtenbuch sind Informationen über Mandanten wie Namen und Anschrift enthalten. Diese Informationen unterliegen der Verschwiegenheitspflicht z.B. gem. § 43a Abs. 2 BRAO. Diese Verschwiegenheitspflicht sowie ein entsprechendes Auskunftsverweigerungsrecht gelten auch gegenüber Finanzämtern gem. § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO. Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht ist gem. § 203 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 S. 1 StGB strafbar.Ein Verlangen des FA auf Vorlage des Fahrtenbuchs ist ein selbstständig anfechtbarer Verwaltungsakt. Ein solcher Verwaltungsakt verlangt die dargestellte strafbare Verletzung der Verschwiegenheitspflicht. Er ist gem. § 125 Abs. 2 Nr. 3 AO nichtig.
Beraterhinweis Gegen einen Verwaltungsakt, mit dem die Vorlage des Fahrtenbuchs verlangt wird, sollte Einspruch eingelegt werden und unter Hinweis auf § 125 Abs. 2 Nr. 3 AO beantragt werden, die Nichtigkeit des Vorlageverlangens festzustellen. Dieses Verfahren sollte erforderlichenfalls bei Ablehnung des Antrags gerichtlich weiterverfolgt werden. Allerdings sollte die Vorlage einer Wiedergabe des Fahrtenbuchs in neutralisierter Form angeboten werden.
Der BFH hat ausdrücklich auch für das Fahrtenbuch entschieden (BFH v. 14.5.2002 – IX R 31/00; BStBl. II 2002, 712):
"1. Die Befugnis des Steuerberaters zur Zeugnisverweigerung nach § 84 Abs. 1 FGO i.V.m. § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO 1977 bezieht sich auch auf die Identität des Mandanten und die Tatsache seiner Beratung. -– 2. Ergeben sich solche Tatsachen aus vorzulegenden Urkunden (Postausgangsbuch, Fahrtenbuch), so erstreckt sich das Zeugnisverweigerungsrecht auch darauf (§ 85 FGO i.V.m. § 104 Abs. 1 AO 1977)."
Grundlage für das Zeugnisverweigerungsrecht ist die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht. Der BFH hat damit eindeutig bestätigt, dass diese strafbewehrte gesetzliche Verschwiegenheitspflicht für Steuerberater gilt. Das Gleiche muss für alle der Verschwiegenheitspflicht unterliegenden Berufe gelten.
Der BFH (BFH v. 8.4.2008 – VIII R 61/06, BStBl. II 2009, 579) stellt fest:
„Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass sich das in § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO bestimmte Auskunftsverweigerungsrecht u.a. auf die Identität des Mandanten und die Tatsache seiner Beratung erstreckt (BFH-Urteil vom 14.5.2002 IX R 31/00, BFHE 198, 319, BStBl. II 2002, 712 = SIS 02 84 97). Richtig ist ferner, dass eine zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Person der Finanzbehörde die Einsicht in alle Daten verweigern darf, auf die sich ihr Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 AO erstreckt (BFH-Beschluss in BFHE 66, 225, BStBl. III 1958, 86 = SIS 58 00 50).”
Dieser Grundsatz gilt eindeutig umfassend für sämtliche Berufe, die der Schweigepflicht unterliegen. In dem zitierten Urteil wird zwar für Steuerberater insoweit eine Ausnahme gemacht, als in bestimmten Fällen ein Verzicht auf die Schweigepflicht unterstellt wird. Die entsprechenden Voraussetzungen liegen bei Berufen, die nicht regelmäßig mit einzelnen Finanzbehörden im Auftrag ihrer Mandanten deren Verhältnisse erörtern, aber nicht vor.
Beraterhinweis Auch für Steuerberater bleibt das strafrechtliche Risiko, denn die Rspr. des BFH ist für die Strafjustiz nicht bindend. Der Berater kann zur Vermeidung des strafrechtlichen Risikos seine sämtlichen Mandanten, die von einer Übergabe des Fahrtenbuchs an das FA betroffen sein können, die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht erbitten. Wenn allerdings diese Befreiung nicht in allen Fällen erteilt wird, würde die Offenbarung der Namen oder Anschriften der Mandanten gegenüber dem FA des Beraters einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht bedeuten mit dem Risiko, strafrechtlich belangt zu werden. Dem FA müsste daraufhin mitgeteilt werden, dass die Mandanten befragt wurden und nicht alle Mandanten die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht erteilt haben.
Fahrten zu Gerichten: Nicht nur die Angabe von Einzelheiten zu Fahrten zu Mandanten, sondern auch diejenige zu Fahrten zu Gerichten können der der Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Denn die Terminrolle...