a) Abgewandelter Sachverhalt
Diese differenzierende Betrachtung ist auch in den Fällen geboten, in denen das FA einen Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 S. 2 AO bestandskräftig abgelehnt hat und im Anschluss daran den VdN aufhebt.
Beispiel:
A beantragt eine Änderung des unter dem VdN gem. § 164 Abs. 1 AO stehenden Einkommensteuerbescheids 2021 dahingehend, dass Aufwendungen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten berücksichtigt werden. Das FA lehnt den Änderungsantrag mit ausführlicher Begründung ab. A legt keinen Einspruch ein, so dass der Ablehnungsbescheid bestandskräftig wird. Später hebt das FA den VdN auf. Hiergegen legt A Einspruch ein und macht erneut die doppelte Haushaltsführung geltend. Das FA meint, dass dieses Vorbringen im Einspruchsverfahren wegen der Bestandskraft des Ablehnungsbescheides ausgeschlossen sei.
b) Ausschluss durch Bestandskraft des Ablehnungsbescheids
Das FA kann den VdN jederzeit aufheben, so dass weitere zukünftige wiederholende Anträge schon deshalb ausgeschlossen sind.
Die Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung steht jedoch nach § 164 Abs. 3 S. 2 AO einer Steuerfestsetzung ohne VdN gleich und eröffnet dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit des Einspruchs, ohne dass er sich eine Anfechtungsschranke nach § 351 Abs. 1 AO entgegenhalten lassen muss.
Beachtet man auch hier den Grundsatz, dass das Einspruchsverfahren und das Korrekturverfahren zwei eigenständige Verfahren sind, die jeweils unabhängig voneinander Änderungsmöglichkeiten eröffnen, kann ein vorausgehend erfolglos gebliebener Änderungsantrag wegen des nämlichen Sachverhaltes einem erneuten Vorbringen im Einspruchsverfahren nicht per se entgegengehalten werden. Mit Blick auf eine etwaige Bestandskraft der vorausgehenden Ablehnungsentscheidung ist aber auch hier zu differenzieren:
War die Ablehnungsentscheidung bereits bestandskräftig ist der Einspruchsführer mit inhaltsgleichen Einwänden präkludiert. Ist keine Bestandskraft eingetreten, weil bspw. der Aufhebungsbescheid noch vor Ablauf der Einspruchsfrist zum Ablehnungsbescheid ergangen ist, kann dem Steuerpflichtigen die vorausgehende Entscheidung nicht entgegengehalten werden.
c) Ergebnis
Nach einer Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung können zwar Einwände aus vorausgegangenen Änderungsanträgen im Einspruchsverfahren gegen den Aufhebungsbescheid grundsätzlich wiederholt werden. Soweit die Ablehnungsentscheidungen zwischenzeitlich in Bestandskraft erwachsen sind, schließt dies einen Erfolg des Einspruchs aus.