Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Wenn der Arbeitnehmer sein Fahrzeug auf dem Weg zur Arbeit falsch betankt und so einen Motorschaden herbeiführt, kann er die selbst getragenen Reparaturkosten nach Auffassung des Niedersächsischen FG als Werbungskosten abziehen. Die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale gelte nicht, so das Gericht.
Sachverhalt
Ein Angestellter fuhr auf dem Weg zur Arbeitsstelle eine Tankstelle an und tankte irrtümlich Benzin statt Diesel. Erst als sein Fahrzeug "unregelmäßig" fuhr, fiel ihm die Falschbetankung auf. Seine Werkstatt stellte einen Motorschaden fest und berechnete Reparaturkosten i. H. v. 4.200 EUR, die von der Versicherung nicht erstattet wurden. Der Angestellte machte den Reparaturaufwand schließlich als Werbungskosten in seiner Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt erklärte jedoch, dass die Kosten bereits durch den Ansatz der Entfernungspauschale abgegolten seien.
Entscheidung
Das FG entschied, dass der Angestellte seine Reparaturaufwendungen als Werbungskosten gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehen kann. Es handelt sich um außergewöhnliche Kosten, die nicht durch die Entfernungspauschale abgegolten sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH werden von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale nur "normale" und voraussehbare Kosten abgegolten, wie z. B. die Kraftfahrzeugsteuer, Kraftpflichtversicherungsprämien, übliche Reparaturkosten und Parkgebühren. Demgegenüber sind Unfallkosten und sonstige außergewöhnliche Kosten separat abziehbar. Derartige Kosten sind einer Pauschalierung nicht zugänglich und können als allgemeine Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abgezogen werden, sofern der Anlass der Fahrt beruflicher Natur war. Im vorliegenden Fall bestand kein Zweifel daran, dass die Falschbetankung und der daraus resultierende Motorschaden auf dem Weg zur Arbeit erfolgt sind.
Hinweis
Das FG hat die Revision zum BFH zugelassen, ein Aktenzeichen ist noch nicht bekannt.
Das Urteil steht im Widerspruch zur Auffassung der Finanzverwaltung, denn das BMF hat mit Schreiben v. 3.1.2013, BStBl 2013 I S. 215) ausdrücklich erklärt, dass die Kosten eines Austauschmotors anlässlich eines Motorschadens auf dem Weg zur Arbeit von der Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 2 Satz 1 EStG) erfasst sind. Nur Unfallkosten erkennt die Finanzverwaltung als außergewöhnlichen - zusätzlich abziehbaren - Aufwand an.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.04.2013, 9 K 218/12