2.1 Tatbestandsvoraussetzungen
Die Anwendung des § 15 AStG setzt kumulativ voraus, dass
- eine Familienstiftung i. S. d. Legaldefinition des § 15 Abs. 2 AStG mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland besteht, bei der also der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt sind,
- die Stiftung entweder von einem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter gegründet wurde oder deren Bezugs- bzw. Anfallsberechtigte in Deutschland unbeschränkt stpfl. sind, und
- die Stiftung nicht in einem EU- bzw. EWR-Staat angesiedelt ist, der aufgrund von zwischenstaatlichen Vereinbarungen Auskünfte erteilt, wenn das Stiftungsvermögen nachweislich den Bezugs- und Anfallsberechtigten rechtlich entzogen worden ist.
Die Frage, ob eine derartige Stiftung vorliegt, hängt nicht von der Qualifikation nach ausl. Recht ab. Vielmehr kommt es hierfür insbesondere auf die folgenden Faktoren an:
- Die Gründung erfolgte durch Übertragung von Vermögen,
- es werden keine (übertragbaren) Mitgliedschaftsrechte gewährt,
- die Zwecksetzung für die Stiftung wird durch den dokumentierten Willen des Gründers nachgewiesen und
- der Gründer bestimmt die Begünstigten.
Hierbei hat eine Beurteilung aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu erfolgen, wobei sich nach den jeweiligen ausl. Rechtsordnungen Besonderheiten ergeben können. Nicht erforderlich ist, dass der Stiftung im Ausland Rechtsfähigkeit verliehen wird, wenn das Gebilde im Übrigen den Kriterien für das Vorliegen einer Stiftung entspricht. Hingegen liegt keine Stiftung vor, wenn der Begünstigte den Zugriff auf das Vermögen behält. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob es sich um eine Treuhand i. S. v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO handelt.
2.2 Besteuerungsfolgen
Liegen die o. g. Voraussetzungen vor, wird das Einkommen der Stiftung den in Deutschland unbeschränkt Stpfl. für Zwecke der ESt bzw. KSt zugerechnet, als seien ihnen diese Beträge bereits zugeflossen. Hierbei erfolgt die Einkünfteermittlung nach deutschen Vorschriften. Sind an der Stiftung auch Bezugsberechtigte beteiligt, die nicht der Besteuerung nach § 15 AStG unterliegen, werden die auf sie entfallenden Beträge ebenso wie Aufwendungen im Rahmen von satzungsmäßigen Zuwendungen als Werbungskosten qualifiziert und mindern damit die inl. Bemessungsgrundlage. Der Gewinn wird den Begünstigten in dem gleichen Jahr zugerechnet, in dem die Stiftung im Inland zu veranlagen wäre. Dabei sind nach § 15 Abs. 5 AStG die Regelungen über die Anrechnung von ausländischen Steuern auf die der Besteuerung nach § 15 AStG unterliegenden Einkünfte entsprechend anzuwenden. Hierbei kommen die Regelungen gem. § 34c Abs. 1 EStG bzw. § 26 Abs. 1 und 2 S. 1 KStG entsprechend zur Anwendung.
Die Zurechnung der Einkünfte zum Stifter bzw. den Bezugs- und Anfallsberechtigten erfordert, dass eine weitere Besteuerung beim tatsächlichen Zufluss von Zuwendungen oder Vermögen unterbleibt. Folglich wird für diese Einkünfte angeordnet, dass sie bei einer späteren Ausschüttung nicht noch einmal in die Bemessungsgrundlage der individuellen ESt einbezogen werden sollen.
Diese Hinzurechnung gilt grundsätzlich auch für Zwecke der Vermögensteuer, die jedoch derzeit nicht erhoben werden darf. Insoweit entfaltet diese Regelung keine Wirkung. Hingegen sieht das Gesetz keine Regelung vor, die diese Hinzurechnung auch für Zwecke der ErbSt vorsieht.