a) Begriff
In Deutschland ist eine Familienstiftung eine privatnützige (und privatrechtliche) Stiftung auf die die Vorschriften der §§ 80–87c BGB anzuwenden sind. Privatnützig ist dabei als Abgrenzung zur Gemeinnützigkeit zu verstehen, die nicht auf den Altruismus und damit auf die Allgemeinheit abzielt, sondern den Personenkreis der zur Fördernden stark einschränkt und nur diesen fördert. Im Genaueren haben Familienstiftungen dabei den alleinigen oder überwiegenden Zweck eine oder mehrere eindeutig bestimmte Familien zu fördern bzw. deren Interessen und deren Wohl zu verfolgen. Gemäß § 15 Abs. 2 AStG sind Familienstiftungen solche Stiftungen, bei denen der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge (Destinatäre) zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt sind, also die Stiftung im Wesentlichen familiären Vermögensinteressen dient. Die begünstigte Familie kann somit i.R.d. Satzung alle Vorteile aus dem Stiftungsvermögen ziehen. Jedoch führt diese Zusammenführung verschiedener im Grundsatz ähnlich lautender Definitionen nicht immer eindeutig zur Anerkennung oder Ablehnung einer Familienstiftung.
Hingegen definiert die Finanzverwaltung eine Familienstiftung bereits dann, wenn der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als 25 % bezugs- oder anfallsberechtigt sind. Zudem sind nach Ansicht der Finanzverwaltung bei einer Bezugs- und Anfallsberechtigung der Familie von 50 % und weniger zusätzliche Indizien für ein wesentliches Familieninteresse vorzuweisen. Solche Indizien liegen z.B. vor, wenn die Familie einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Stiftung ausüben kann. (vgl. Spiegelberger in Spiegelberger, Hdb. Unternehmensnachfolge, 3. Aufl. 2022, § 24 Rz. 70 m.w.N.; Feick/Schwalm in MünchAHB Erbrecht, 6. Aufl. 2023, § 38 Rz. 10 ff. m.w.N.; BFH v. 10.12.1997 – II R 25/94, NZG 1998, 522; R E 1.2 Abs. 2 ErbStR 2019).
b) Errichtung
Eine Familienstiftung ist i.S.d. §§ 80 ff. BGB eine mitgliederlose verselbständigte Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit, die die vorgegebenen Stiftungszwecke mit dem Stiftungsvermögen dauerhaft (im Grundsatz als Ewigkeitsstiftung) verfolgt. Die Stiftungszwecke werden vom Stifter durch das Stiftungsgeschäft festgelegt, i.R. dessen auch das Stiftungsvermögen und die daraus erzielten Erträge gewidmet wird. Die zunächst noch vermögenslose Familienstiftung entsteht gem. § 80 Abs. 2 BGB mit Anerkennung durch die Stiftungsaufsicht des jeweiligen Bundeslandes. Sie ist zudem von Ihrem Stifter losgelöst und erwirbt zeitgleich den Anspruch auf das gestiftete Vermögen.
Der Zweck der Stiftung wird durch den Stifter i.R.d. Stiftungsgeschäfts bestimmt und ist danach grundsätzlich nicht mehr veränderbar. Folglich liegen entsprechend dem sog. Trennungs- und Erstarrungsprinzip sowohl das Stiftungsvermögen als auch der Stiftungszweck nicht mehr im Zugriff des Stifters.
Die begünstigenden Familienmitglieder profitieren als Destinatäre gem. der in der Satzung festgelegten Möglichkeiten vom Stiftungsvermögen, haben aber in der Rolle als Destinatär keine Mitbestimmungsmöglichkeiten (vgl. Beckert in BeckOK/BGB, Stand: 67. Ed., § 80 Rz. 3 m.w.N.).
Für die Errichtung der Stiftung ist somit neben der Anerkennung der Stiftung das sog. Stiftungsgeschäft, welches die Stiftungssatzung beinhaltet, notwendig. Es besteht ein Anspruch auf Anerkennung gem. § 82 Satz 1 BGB, wenn, neben den Anforderungen des § 81 Abs. 1 bis Abs. 3 BGB an das Stiftungsgeschäft, die Stiftung in der Lage zu sein scheint, ihren Zweck dauernd und nachhaltig zu erfüllen und das Gemeinwohl nicht gefährdet ist. Für die Satzung, welches die Stiftung i.R.d. Stiftungsgeschäfts erhält, bestehen Mindestvoraussetzungen gem. § 81 Abs. 1 BGB. Diese sind neben der satzungsmäßigen Regelung des Stiftungszwecks, der Namen, der inländische Sitz der Stiftung, die Regelung zur Bildung des Vorstandes und die Regelungen zum gewidmeten Vermögen. Ein Mindestvermögen ist nicht gesetzlich definiert. Jedoch sollte im Vorfeld sichergestellt werden, dass die Stiftung ihren Zweck durch den Verbrauch ihres Stiftungsvermögens und/oder durch die daraus resultierten Erträge erfüllen kann (vgl. Feick/Schwalm in MünchAHB Erbrecht, 6. Aufl. 2023, § 38 Rz. 39; Mansel in Jauering, BGB, 19. Aufl. 2023, §§ 80–84c n.F. Rz. 1 ff.)
c) Organisation
Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Stiftungsvorstand das einzige zwingende Organ einer Familienstiftung. Weitere Organe wie u.a. ein Beirat oder Kuratorium können, sofern durch die Satzung vorgesehen, errichtet werden. Die Stiftung wird durch den Vorstand vertreten. Das Ausmaß der Vertretung kann jedoch gem. § 84 Abs. 3 BGB zwar, z.B. durch eine Zustimmungserfordernis anderer Organe, beschränkt jedoch nicht ausgeschlossen werden (vgl. Pauli in Spiegelberger, Hdb. Unternehmensnachfolge, 3. Aufl. 2022, § 23 Rz. 14 m.w.N.; Mansel in Jauering, BGB, 19. Aufl. 2023, §§ 80–84c n.F. Rz. 5 ff.).