Leitsatz
1. Zur Feststellung von Mittelfehlverwendungen i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO durch überhöhte Vergütungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft sind die Grundsätze der vGA zu berücksichtigen. Maßstab des externen Fremdvergleichs sind dabei die für vergleichbare Tätigkeiten auch von Wirtschaftsunternehmen gewährten Vergütungen.
2. Gewährt die Körperschaft ihrem Geschäftsführer eine Versorgungszusage, die über eine Unterstützungskasse erfüllt wird, ist der für den Geschäftsführer liegende Vorteil in Höhe der fiktiven Jahresnettoprämie in die Gesamtausstattung einzubeziehen.
3. Ein Entzug der Gemeinnützigkeit ist bei kleineren Verstößen gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO unverhältnismäßig (Bagatellvorbehalt).
Normenkette
§ 55 Abs. 1 Nr. 3, § 52 Abs. 1, § 63 AO, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG
Sachverhalt
In den Streitjahren 2005 bis 2008 war die Klägerin, eine GmbH, durch Freistellungsbescheid zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer wegen der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege und des Wohlfahrtwesens sowie der Förderung mildtätiger Zwecke als gemeinnützig anerkannt.
Geschäftsführer der Klägerin ist seit dem 1.12.1998 Herr F, ein ausgebildeter Sozialarbeiter. Nach dem Anstellungsvertrag vom 14.3.2001 gehören zu seinem Aufgabenfeld u.a. die Leitung und Ausgestaltung neuer Projekte, die Verhandlung mit Kostenträgern sowie die psychiatrisch-sozialtherapeutische inhaltliche Arbeit. Die wöchentliche Arbeitszeit ist mit 40 Stunden festgelegt, wobei Mehrarbeit ggf. nach den Erfordernissen des Unternehmens zu leisten ist. Sein Grundgehalt betrug 168.000 DM; eine gesonderte Überstundenvergütung war nicht vereinbart.
Am Jahresende entschieden die Gesellschafter über die Zahlung einer leistungsabhängigen Pauschale in Höhe von 12.000 DM. Dem Geschäftsführer wurde darüber hinaus ein Firmenfahrzeug der Mittelklasse auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Weiterhin schloss die Gesellschaft für den Geschäftsführer eine betriebliche Rentenversicherung ab.
Mit Änderungsvertrag vom 1.1.2008 wurde F die Übernahme der Geschäftsführungen beim FV A e.V., B e.V. und bei der C‐GmbH gestattet. Seitdem erhält F für seine Tätigkeit und unter Berücksichtigung der zusätzlich übernommenen Geschäftsführertätigkeit ein jährliches Grundgehalt von 140.000 EUR zuzüglich einer Leistungsvergütung von 34.000 EUR. Eine Gehaltsanpassung war nach jeweils zwei Jahren vorgesehen.
Weiterhin wurde vereinbart, dass die Kosten für die private Unfallversicherung von der Klägerin übernommen werden, die von ihr bisher getragene Lebensversicherung Bestandteil der betrieblichen Altersversorgung bleibt und die Gesellschaft ihrem Geschäftsführer zusätzlich mit Wirkung zum 1.8.2008 eine Unterstützungskassenzusage gewährt.
Diese betriebliche Altersversorgung beinhaltete die Zahlung einer Altersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahrs von monatlich 5.150 EUR sowie Witwenrente (3.090 EUR) und Waisenrente (515 EUR bzw. 1.030 EUR). Hierfür zahlte die Klägerin monatliche Beiträge an die Unterstützungskasse in Höhe von jährlich 49.801 EUR (2008), 74.017 EUR (2009) und 87.928 EUR (2010).
Zum 1.1.2010 erfolgte eine weitere Änderung des Anstellungsvertrags dahingehend, dass das Grundgehalt auf 162.000 EUR erhöht und eine Leistungsvergütung von 18.000 EUR vereinbart wurde. Die betriebliche Rentenversicherung wurde auf 75 % der Ansprüche des letzten Grundgehalts erhöht.
Das Finanzamt ging davon aus, dass die Bezüge des Geschäftsführers unangemessen hoch seien. In Höhe der Differenz zwischen den angemessenen Bezügen und den tatsächlich gezahlten Bezügen lägen gemeinnützigkeitsschädliche Mittelfehlverwendungen in Höhe von 78.169 EUR (2005), 76.629 EUR (2006), 79.236 EUR (2007) und 128.465 EUR (2008) vor. Bei der Prüfung der Angemessenheit seien die von der Klägerin in Auftrag gegebenen Kienbaum-Gutachten sowie eine BBE-Studie nicht zu berücksichtigen. In den Folgejahren lägen gemeinnützigkeitsschädliche Mittelfehlverwendungen in Höhe von 128.899 EUR (2009) und 145.234 EUR (2010) vor.
Das Finanzamt verneinte die Gemeinnützigkeit und erließ für die Streitjahre 2005 bis 2008 geänderte Bescheide. Für die Streitjahre 2009 und 2010 folgte es den eingereichten Steuererklärungen nicht und erließ hiervon abweichende Bescheide.
Einspruch und Klage zum Finanzgericht hatten keinen Erfolg (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.12.2016, 3 K 272/13, Haufe-Index 10873173, EFG 2017, 1137).
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz nur teilweise. Das FG sei zutreffend für die Streitjahre 2005 sowie 2008 bis 2010 von einem Verlust der Gemeinnützigkeit ausgegangen, da die Angemessenheitsgrenze auch unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags überschritten wurde. Demgegenüber lägen für das Streitjahr 2007 keine unangemessenen Bezüge vor und eine Versagung der Gemeinnützigkeit für das Streitjahr 2006 sei wegen einer nur geringfügigen Überschreitung unverhältnismäßig.
Hinweis
1. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 2 AO darf eine steuerbegüns...