Prof. Dr. Daniela Eisele-Wijnbergen
Krankheitsursachen
Die Hauptursachen von Erkrankungen sind Atemwegserkrankungen, Muskel- und Skeletterkrankungen gefolgt von psychischen Erkrankungen. Die psychischen Erkrankungen verursachen mit 29,6 Tagen je Fall doppelt so lange Ausfallzeiten wie andere Krankheitsarten im Durchschnitt. Seit Covid-19 haben die Atemwegserkrankungen einen extremen Anstieg, etwas gesunken sind Muskel-Skeletterkrankungen.
Wenn die Ursachen von krankheitsbedingten Fehlzeiten für den Betrieb analysiert werden, ist es wichtig, die Beschäftigten eng einzubinden. Basis eines kooperativen Umgangs ist, dass Interessen von Einzelnen, der Gesamtbelegschaft und betriebliche Belange gleichermaßen berücksichtigt werden. So können Gründe erschlossen und gemeinsam an Prävention und Reduktion gearbeitet werden, soweit dies möglich ist. Darüber hinaus sind Maßnahmen der aktiven Gesundheitsförderung am nachhaltigsten.
Zusammenarbeit mit Unfallversicherungsträgern und Krankenkassen
Mit Blick auf Informationen zur Verteilung von Unfallursachen und Krankheitsbildern empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit Unfallversicherungsträgern und Krankenkassen, die generelle und teilweise betriebsspezifische Daten liefern können.
Management wie Belegschaft können von der Wichtigkeit des Themas überzeugt und zur Mitarbeit motiviert werden, wenn Folgewirkungen anschaulich aufgezeigt werden. Dies mit Blick auf unterschiedliche Ebenen, von der Kommunikation von Unfallfolgen, der Verdeutlichung der Kostenbelastung des Betriebs, aber auch Mehrbelastung von Kollegen. Dabei muss allen Beteiligten klar sein, dass Gesundheit das höchste Gut ist, das auch gemeinsam nur bedingt beeinflussbar ist.
Fehlzeiten, krankheits- oder verhaltensbedingt, haben also vielfältige Gründe. Gängig ist eine Unterscheidung in
- organisationale, z.B. Betriebsgröße,
- arbeitsbezogene, z.B. Schichtsystem,
- personelle, z.B. Alter, sowie
- weitere Gründe, wie z.B. klimatische Bedingungen.
Im Folgenden werden generell als wesentlich ermittelte Ursachen angesprochen. Im Einzelfall können andere Gründe relevant sein. Wichtig für das Unternehmen ist insbesondere, inwieweit vom Betrieb Einfluss genommen werden kann. Daher werden hier eher direkt und lediglich mittelbar bzw. nicht vom Betrieb beeinflussbare Faktoren unterteilt.
4.1 Vom Betrieb eher direkt beeinflussbar
Den deutlichsten Zusammenhang haben Fehlzeiten und organisationale wie arbeits(platz)bezogene Belastungen: Fehltage (aber auch Präsentismus) von Mitarbeitenden an Arbeitsplätzen mit vielfältigen Belastungen, wie die folgenden, steigen:
- Ergonomische Bedingungen, wie Lasten und ungünstige Haltung,
- Umgebungseinflüsse, wie Kälte, Hitze und gefährliche Substanzen,
- räumlich ungünstige Situationen, wie Zusammengedrängtheit oder Isolation,
- zeitliche Aspekte, z. B. hohe Arbeitsdichte und Termindruck,
- soziale Umgebung, wie Wettbewerbsdruck, dauernde Wechsel und Informationsmangel,
- einseitige Belastung in der Tätigkeit, wie kurzzyklische Repetition,
- mangelnde Eignung für die Aufgabe und daraus resultierende Angst vor negativen Folgen, Tadel und Sanktionen,
- negatives Betriebsklima und Konflikte in und zwischen Belegschaftsmitgliedern bzw. Managementteam,
- fehlende Wertschätzung und Unterstützung.
Dabei geht es nicht generell um eine Vermeidung jeglicher Belastungen, denn Belastungen müssen nicht per se negativ wirken. Erst wenn sie (subjektiv) als Beanspruchung empfunden werden, resultieren negative Folgen. Dann lohnt sich jedes Investment in deren (weitere) Reduktion.
4.2 Nur mittelbar oder nicht beeinflussbar
Mit Blick auf den Mitarbeiter haben vorrangig die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten großen Einfluss. Beides hängt wiederum oft auch mit Lebensbedingungen zusammen, wie der familiären und Wohn-Situation sowie dem Freizeitverhalten. Außerdem spielt die Arbeitszufriedenheit (die wiederum stark mit obigen Aspekten zusammenhängt) eine wesentliche Rolle: (Sehr) zufriedene Mitarbeiter fehlen weniger häufig als (sehr) unzufriedene. Ein Unterschied ist auch bei verschiedenen Altersklassen zu sehen. Dabei geht die Häufigkeit von Erkrankungen zwar bei älteren Beschäftigtengruppen eher zurück, die Länge überkompensiert dies aber – zumindest ab ca. 50 Jahren. Die Fehlzeiten von Geschlechtern (Mutterschutz und Kind-Krank ausgenommen) unterscheiden sich nur geringfügig. Statistisch unterscheiden sich auch verschiedene Qualifikationsgruppen nur in geringem Maß.
Das Verhalten des Einzelnen ist am Arbeitsplatz schon begrenzt zu steuern, noch weniger im Privaten. Möglich ist ein Einfluss über drei Stellhebel: In der Personalauswahl sind Aspekte wie Gewissenhaftigkeit, Risikobewusstsein und insbesondere die gute Passung zum Job sorgfältig zu beachten. Ein zweiter Ansatzpunkt bieten Aufklärung und Weiterbildung. Und drittens müssen Personalmanagement- und Führungsprozesse entsprechend ausgerichtet sein. Als simples Beispiel: Wenn es in der Kantine nur fettreiche Gerichte und für die Schichtarbeitenden nachts nur einen Automaten mit fett- und zuckerreichen Produkten gibt, dann ist eine Schulung zu gesunder Ernährung wahrscheinlich wenig wi...