Leitsatz
Wurde für eine Ausschüttung EK 45 verwendet und stellt sich später heraus, dass ein höheres EK 45 als ursprünglich angenommen für die Ausschüttung zur Verfügung stand, schreibt § 54 Abs. 10a KStG 1999 die Verwendung des EK 45 im ursprünglich bescheinigten Umfang fest. Hat sich nachträglich zugleich der Bestand an EK 40 vermindert, sodass nunmehr nicht mehr ausreichend belastetes EK zur Finanzierung der Ausschüttung vorhanden ist, ist die Ausschüttung insoweit mit dem EK 02 zu verrechnen. Da § 54 Abs. 10a und § 28 Abs. 4 KStG 1999 diese Rechtsfolgen ausdrücklich vorschreiben, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber sie bewusst gewählt hat und das Gesetz insoweit nicht lückenhaft ist.
Normenkette
§ 23 Abs. 2, § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 2, § 28 Abs. 3, § 28 Abs. 4, § 30 Abs. 1, § 30 Abs. 2, § 44 Abs. 1, § 54 Abs. 10a, § 54 Abs. 11 KStG 1999, § 163 AO
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die in den Streitjahren 1999 und 2000 dem körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahren unterlag und zur Gliederung ihres verwendbaren Eigenkapitals (vEK) verpflichtet war.
Sie verrechnete für 1999 eine in 2000 beschlossene und abgeflossene Gewinnausschüttung mit den auf den 31.12.1999 festgestellten vEK-Teilbeträgen unter Verwendung des EK 45 und des EK 40.
Über diese Ausschüttungen wurden den Anteilseignern Steuerbescheinigungen nach § 44 KStG 1999 erteilt.
Das FA veranlagte die Klägerin für 1999 unter entsprechender ausschüttungsbedingter Minderung der KSt wie erklärt.
Die Klägerin schrieb die Teilbeträge des vEK auf den 31.12.2000 fort und verrechnete hiermit eine für das Jahr 2000 in 2001 beschlossene und abgeflossene Gewinnausschüttung.
Auch über diese Ausschüttung wurden den beiden Anteilseignern Steuerbescheinigungen nach § 44 KStG 1999 erteilt.
Nach einer Außenprüfung ergab sich zum 31.12.1998 ein höherer Bestand an EK 45 und aufgrund bilanzieller Umkehreffekte für die Jahre 1999 und 2000 ein geringerer Bestand an EK 40.
Die offene Gewinnausschüttung für 1999 wurde vom FA dementsprechend verrechnet. Infolge der geänderten Ausschüttungsverrechnung ergab sich für 1999 eine veränderte ausschüttungsbedingte Minderung sowie eine ausschüttungsbedingte Erhöhung der KSt 1999. Die Teilbeträge des vEK zum 31.12.2000 wurden hiernach fortgeschrieben.
In vergleichbarer Weise verrechnete das FA die offene Gewinnausschüttung für 2000, was ebenfalls eine veränderte ausschüttungsbedingte Minderung sowie eine ausschüttungsbedingte Erhöhung der KSt 2000 ergab.
Der gegen die geänderten Bescheide erhobenen Klage gab das FG statt (EFG 2007, 216).
Entscheidung
Der BFH sah das anders. Er erkannte zwar, dass die Festschreibung der Verwendungsreihenfolge in § 54 Abs. 10a und § 28 Abs. 4 KStG 1999 zu Besteuerungsnachteilen führen konnte. Er sah darin jedoch eine gesetzlich gewollte und auch noch verhältnismäßige Typisierung, um Gestaltungsmissbräuchen vorzubeugen.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft noch das "alte" körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren und hierbei die Rechtsfrage danach, in welcher Weise das verwendbare Eigenkapital (vEK) zu verrechnen war, wenn sich der ursprüngliche Bestand des EK 45 und zugleich des EK 40 nachträglich verändert, sodass nunmehr nicht mehr ausreichend belastetes EK zur Finanzierung der Ausschüttung vorhanden ist. § 54 Abs. 10a und § 28 Abs. 4 KStG 1999 schreiben hierfür fest, dass die Ausschüttung mit dem EK 02 zu verrechnen ist.
Es fehlt dann ausreichend vorbelastetes EK, was wiederum im Ergebnis zu einer KSt-Erhöhung führt und deswegen "Steuern kostet".
2. Dieser Nachteil ist, wie der BFH herausstellt, vom Gesetzgeber gewollt:
Zugrunde lag die Absenkung des KSt-Satzes von 45 % auf 40 %. Es sollte nun verhindert werden, dass im Konzern Ersparniseffekte "geplant" werden, nämlich dadurch, dass Rücklagen der Tochtergesellschaft (EK 45) ausgeschüttet und Dividenden in Rücklagen der Muttergesellschaft (EK 40) eingestellt werden, wodurch sich eine 5%ige KSt-Ersparnis hätte herbeiführen lassen.
Um dem entgegenzuwirken wurde § 54 Abs. 10a Satz 2 KStG 1999 geschaffen, der die die Verwendung von EK 45 für den Fall nachträglicher Veränderungen des vEK festschrieb.
Der BFH akzeptiert diese typsierte Missbrauchsverhinderung. Er erkennt keine Regelungslücke und auch keinen verfassungsrechtlich bedenklichen, unverhältnismäßigen Verfassungseingriff.
3. Offen blieb, ob § 54 Abs. 10a Satz 2 i.V.m. § 28 Abs. 4 KStG 1999 nicht doch noch nachträglich durch die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens verdeckt lückenhaft geworden ist:
Zwar könne sich durch die Umstellung des KSt-Anrechnungsverfahrens auf das Halbeinkünfteverfahren der vom Gesetzgeber ursprünglich in Kauf genommene bloße Zinsnachteil in eine definitive Steuermehrbelastung wandeln, wenn zum Zeitpunkt der Umgliederung EK 45, nicht aber ausreichendes positives EK 02 vorhanden ist.
Ein Teil des KSt-Guthabens könne dann verloren gehen (BFH, Urteil vom 31.05.2005, I R 107/04, BFH-PR 2005, 455). Dies gründe jedoch nicht in einer planwidrigen Unvollständigkeit der § 54, § 2...