Leitsatz
1. Die Feststellung der Ausgangslohnsumme und die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten i.S. des § 13a Abs. 1a Satz 1 ErbStG sind zwei getrennte Feststellungen, die jeweils eigenständig einer Überprüfung im Einspruchs- und Klageverfahren zugänglich sind.
2. Allein aus der Feststellung einer Ausgangslohnsumme lässt sich regelmäßig nicht herleiten, ob der Betrieb mehr als 20 Beschäftigte hat und die Steuerbefreiung daher nach § 13a Abs. 1 ErbStG der Lohnsummenbeschränkung unterliegt.
Normenkette
§ 13a Abs. 1, Abs. 1a, Abs. 4 ErbStG 2012
Sachverhalt
Der beigeladene Vater (V) war Anteilsinhaber der Klägerin, einer GmbH. Die Klägerin hatte im Streitjahr 2012 weniger als 20 Beschäftigte; sie war jedoch zu jeweils mehr als 25 % an verschiedenen Kapitalgesellschaften beteiligt. V übertrug in 2012 einen Geschäftsanteil an der Klägerin auf seine Tochter T. Auf Aufforderung des FA übersandte V eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts des Gesellschaftsanteils. V war der Meinung, dass eine Ausgangslohnsumme wegen der geringen Anzahl der Beschäftigten der Klägerin nicht festzustellen sei. Hilfsweise teilte V dennoch eine Ausgangslohnsumme von ca. 47 Mio. EUR mit. Das zuständige FA stellte diese Ausgangslohnsumme erklärungsgemäß gesondert fest.
Gegen diese Feststellung legten die Klägerin und V Einspruch ein, erneut mit der Begründung, eine Ausgangslohnsumme sei nicht festzustellen, weil die Klägerin ein Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten sei und eine Hinzurechnung von Beschäftigten der Tochtergesellschaften nicht infrage komme. Den Rechtsbehelf wies das FA zurück mit der Begründung, die Hinzurechnung von Tochtergesellschaften nach § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG 2012 sei für die Anwendung der Lohnsummenregelung entsprechend anzuwenden.
Die Vorinstanz (FG Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2015, 4 K 269/15 F, Haufe-Index 8801661, EFG 2016, 125) hat die Feststellung der Ausgangslohnsumme aufgehoben mit der Begründung, es seien nicht hinreichend Beschäftigte vorhanden und § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG 2012 könne eben nicht entsprechend angewendet werden.
Entscheidung
Die hiergegen gerichtete Revision ist im Ergebnis begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.
Der BFH weist darauf hin, dass entgegen der Auffassung des FG die Feststellung der Ausgangslohnsumme rechtmäßig war. Da der Feststellungsbescheid nur die Ausgangslohnsumme und nicht die Anzahl der Beschäftigten im Betrieb der Klägerin betrifft, kann dahinstehen, ob Beschäftigte von Tochtergesellschaften ebenfalls hinzuzurechnen sind. Die Feststellung der Ausgangslohnsumme beinhaltet nicht die ausdrückliche Feststellung, dass die Anzahl der Beschäftigten über 20 beträgt.
Auch kann die Feststellung der Ausgangslohnsumme nicht dahin ausgelegt werden, dass damit zugleich eine Beschäftigtenanzahl von mehr als 20 festgestellt ist. Insbesondere bei Holdinggesellschaften – wie der Klägerin – ist auch eine hohe Ausgangslohnsumme kein sicheres Indiz dafür, dass der Betrieb mehr als 20 Beschäftigte hat.
Für eine Justiziabilität hätte es einer gesonderten Feststellung zur Anzahl der Beschäftigten bedurft. Die Anzahl der Beschäftigten ist u.a. Grundlage für die Gewährung der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen und muss daher klar und eindeutig einem Feststellungsbescheid zu entnehmen sein. Daran fehlt es im Streitfall.
Hinweis
Im Besprechungsfall geht es nur vordergründig um die materiell-rechtliche Frage, ab welcher Zahl von Beschäftigten die Lohnsummenregelung anwendbar ist; streitentscheidend ist ein verfahrensrechtliches Problem.
Eine wichtige Rechtfertigung für die Steuerbefreiung von Betriebsvermögen – im Streitjahr 2012 nach § 13a ErbStG a.F. – ist der Erhalt von Arbeitsplätzen. Um die Einhaltung dieser Voraussetzung zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber in § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG 2012 die Lohnsummenregelung geschaffen. Danach darf eine Ausgangslohnsumme innerhalb bestimmter Fristen nicht unterschritten werden, soll die Steuerbefreiung nicht wieder rückgängig gemacht werden. Die Lohnsumme steht faktisch für die Arbeitsplätze.
Für kleinere Betriebe hat der Gesetzgeber aber eine Ausnahme vorgesehen. So ist nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG 2012 die Lohnsummenregelung nicht anzuwenden, wenn ein Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat.
In diesem Zusammenhang weist das Gesetz im Streitjahr 2012 freilich eine Besonderheit auf: Während nach § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG 2012 bei der Berechnung der Lohnsumme Beschäftigte von Tochtergesellschaften mit einzubeziehen sind, fehlt eine solche Erstreckung bei der Frage der Anwendbarkeit der Lohnsummenregelung in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG 2012. Damit stellt sich die Frage, ob es sich hierbei um ein Versehen des Gesetzgebers handelt oder ob bei der Frage nach der Anwendbarkeit der Lohnsummenregelung Tochtergesellschaften gezielt unberücksichtigt bleiben sollen.
Diese Frage kann zwar grundsätzlich Gegenstand einer finanzgerichtlichen Auseinandersetzung sein. Nach § 13a Abs. 1a Satz 1 ErbStG 2012 stel...