Leitsatz
1. Ob Grundbesitz zu einem Gewerbebetrieb gehört und deshalb ein Betriebsgrundstück im bewertungsrechtlichen Sinn ist, ist nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden, soweit § 99 Abs. 2 BewG keine Sonderregelungen vorsieht.
2. § 99 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG betrifft nur Grundstücke, die ertragsteuerrechtlich teilweise Betriebs- und teilweise Privatvermögen sind.
Normenkette
§ 99 Abs. 1 und 2 BewG , § 138 Abs. 3 und 5 BewG
Sachverhalt
Die Kläger erbten zwei benachbarte Grundstücke (Grundstücke A und B), auf denen der Erblasser zunächst ein Ledergeschäft betrieben hatte. Später hatte er das Geschäft auf das Grundstück A beschränkt und die Ladenräume auf dem Grundstück B zu gewerblichen Zwecken vermietet. Die übrigen Räume auf dem Grundstück B standen seit dieser Zeit leer. Das Grundstück B blieb in der Bilanz; die Mieteinnahmen versteuerte der Erblasser bei seinen gewerblichen Einkünften.
Bei der Feststellung des Bedarfswerts des Grundstücks B traf das FA keine Feststellung dazu, ob das Grundstück ein Betriebsgrundstück ist und zu welchem Gewerbebetrieb es gehört. Dem Begehren der Kläger, diese Feststellungen nachzuholen, gab das FG statt. Die Revision des FA wies der BFH zurück.
Entscheidung
Der BFH entschied, das Grundstück B gehörte beim Erbfall als Betriebsgrundstück zum Gewerbebetrieb des Erblassers; diese Feststellung hat das FA durch Ergänzungsbescheid nachzuholen.
Ob ein Betriebsgrundstück i.S.d. §§ 138 Abs. 3, 99 Abs. 1 BewG vorliegt, bestimmt sich – abgesehen von den im Streitfall nicht gegebenen Ausnahmen des § 99 Abs. 2 BewG – nach § 95 BewG, und damit nach ertragsteuerlichen Grundsätzen. Allerdings ist das FA bei der Bedarfsbewertung nicht an die Behandlung des Grundstücks bei der Ertragbesteuerung des Erblassers gebunden, falls diese falsch sein sollte.
Nach ertragsteuerlichen Grundsätzen gehörte das Grundstück B zum Betriebsvermögen des Ledergeschäfts und hat die Betriebsvermögenseigenschaft durch die teilweise Vermietung und das Leerstehenlassen im Übrigen nicht verloren. Weder der sachliche (durch Entnahme) noch der persönliche (durch Veräußerung) Zusammenhang mit dem Betrieb des Erblassers war vor dem Erbfall gelöst worden. Das teilweise Leerstehenlassen stellte keine Teilentnahme dar.
Hinweis
Der bewertungsrechtliche Begriff des Betriebsgrundstücks i.S.d. § 99 BewG unterscheidet sich grundsätzlich nicht von dem des Ertragsteuerrechts. Das ergibt sich aus der Definition des Betriebsgrundstücks in § 99 Abs. 1 BewG i.V.m. § 95 Abs. 1 BewG, wonach das Betriebsvermögen alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG umfasst, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Daraus folgt, dass auch solche Grundstücke zu den Betriebsgrundstücken i.S.d. § 99 Abs. 1 BewG zählen, die ertragsteuerrechtlich als gewillkürtes Betriebsvermögen dem Gewerbebetrieb zugeordnet worden sind oder die zu einem ruhenden Gewerbebetrieb gehören oder deren Betriebsvermögenseigenschaft auf einer Betriebsaufspaltung beruht.
Eine wesentliche Abweichung des bewertungsrechtlichen Begriffs des Betriebsvermögens von dem ertragsteuerlichen Begriff ergibt sich allerdings aus § 99 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 BewG i.V.m. § 95 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BewG für gemischt genutzte Grundstücke und für solche Grundstücke, an denen neben dem Betriebsinhaber noch andere Personen beteiligt sind. Letztere Grundstücke gelten auch hinsichtlich des Anteils des Betriebsinhabers nicht als Betriebsgrundstücke. Erstere sind nur dann Betriebsgrundstücke, wenn sie dem Gewerbebetrieb des Grundstückseigentümers zu mehr als der Hälfte des jeweiligen Werts dienen.
Als Ausnahme von den Ausnahmen der Sätze 1 bis 3 bestimmt § 99 Abs. 2 Satz 4 BewG, dass Grundbesitz der in § 97 Abs. 1 BewG bezeichneten inländischen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen stets Betriebsgrundstücke sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.10.2004, II R 8/01