Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Leitsatz
Die fehlende Überwachung eines arbeitsvertraglichen Verbots der Privatnutzung von betrieblichen Pkw durch Arbeitnehmer führt nicht zwangsläufig zu der Annahme, dass der Arbeitgeber die Privatnutzung der Pkw geduldet hat. Der Anscheinsbeweis eines Verstoßes gegen das Verbot der Privatnutzung gilt nur dann, wenn zu der fehlenden Überwachung weitere Umstände hinzutreten. Das Finanzamt trägt die Feststellungslast für die Privatnutzung der Pkw und muss daher spätestens im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren weitergehende Maßnahmen zur Sachverhaltsermittlung ergreifen.
Sachverhalt
Für die Jahre 1995 bis 1998 fand bei der Klägerin eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Der Prüfer forderte, ab sofort Fahrtenbücher zu führen für betriebliche Fahrzeuge, die für eine Privatnutzung geeignet waren. Die Klägerin kam dieser Forderung nicht nach, so dass der Prüfer bei der Anschlussprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 den geldwerten Vorteil aus der Privatnutzung nach der 1%-Methode bewertete, obwohl die Klägerin mit ihren Arbeitnehmern ein arbeitsvertragliches Verbot der Privatnutzung vereinbart hatte. Zur Überwachung des Nutzungsverbots wurden jedoch keine geeigneten Unterlagen vorgelegt. Der Einspruch gegen den Lohnsteuernachforderungs- und -haftungsbescheid hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Finanzamtes kann das arbeitsvertragliche Nutzungsverbot auf Grund der fehlenden Überwachung durch den Arbeitgeber nicht als Ersatz für das geforderte Fahrtenbuch dienen.
Entscheidung
Das FG hob die Verwaltungsentscheidungen auf, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, und gab die Sache zur weiteren Ermittlung an das Finanzamt zurück. Die fehlende Überwachung des Verbots der Privatnutzung der Pkw reiche nicht aus, um zu unterstellen, dass die Arbeitnehmer die überlassenen Pkw tatsächlich privat genutzt hätten. Das Finanzamt müsse weitere Ermittlungen dazu anstellen. Die vom BFH entwickelten Regeln des Anscheinsbeweises für eine vertragswidrige private Nutzung eines überlassenen Firmenfahrzeugs seien nur auf solche Arbeitnehmer anwendbar, die bei einem Verstoß gegen das vertraglich vereinbarte Nutzungsverbot keine arbeitsrechtlichen Folgen zu erwarten hätten (z. B. Gesellschafter-Geschäftsführer).
Hinweis
Das Urteil des FG ist rechtskräftig. Es entspricht der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur eingeschränkten Anwendung des vom BFH aufgestellten Anscheinsbeweises für die vertragswidrige Privatnutzung eines dem Arbeitnehmer überlassenen betrieblichen Fahrzeugs. Da das Finanzamt die Feststellungslast für die Privatnutzung trägt und demzufolge in Zukunft Ermittlungen dazu vornehmen wird, sollte der Arbeitgeber im Falle eines vertraglich vereinbarten Nutzungsverbots Nachweise für die tatsächliche Durchführung und Überwachung dieses Nutzungsverbots vorlegen können.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.11.2004, 11 K 459/03