rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Kfz-Ausstattung, die zur Umsatzsteuerfreiheit des Entgelts für Beförderung von Kranken führt
Leitsatz (redaktionell)
Es ist im Rahmen einer summarischen Prüfung nach wie vor rechtlich zweifelhaft, ob der Ausbau der hinteren drei Sitzbänke, eine Auffahrrampe und Befestigungsschienen für Rollstühle ausreichen, um ein Fahrzeug als „eingerichtet” für den Transport von Kranken und Behinderten i.S.v. § 4 Nr. 17b UStG zu qualifizieren.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 17b; 6. EU-Richtline Art. 13 Teil A Abs. 1p
Tenor
1. Der Bescheid vom 28. Juli 2008 über Umsatzsteuer 2005 wird in Höhe von Euro xx.xxx,xx sowie Zinsen in Höhe von Euro x.xxx und der Bescheid vom 9. September 2008 über Umsatzsteuer 2006 wird in Höhe von Euro xx.xxx,xx sowie Zinsen in Höhe von Euro xxx vorläufig von der Vollziehung ausgesetzt. Im übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Aussetzung erfolgt ohne Sicherheitsleistung.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
I.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob Beförderungsleistungen unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 17b Umsatzsteuergesetz (UStG) fallen.
Die Antragstellerin ist eine GmbH und betreibt einen Behinderten- und Rollstuhlfahrdienst. Die Tätigkeit gliedert sich in zwei große Teilbereiche. Zum einen werden körperlich, geistig oder seelisch behinderte Personen im Auftrag der Stadt zu Behindertenwerkstätten befördert. Bei diesen sogenannten HWK-Touren werden sowohl Rollstuhlfahrer als auch Personen, die nicht auf die Benutzung eines Rollstuhls oder eines speziellen Sitzes angewiesen sind, befördert. Das Entgelt für diese Touren wird als umsatzsteuerpflichtig behandelt und unstreitig mit dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr.10 UStG versteuert.
Zum anderen befördert die Antragstellerin ausschließlich Rollstuhlfahrer, teilweise mit deren Begleitpersonen, zu Stellen der Heil- oder Krankenbehandlung, zu Ärzten, Krankengymnasten, Dialyseeinrichtungen, Rehazentren und Krankenhäusern. Vertragspartner sind insoweit Krankenkassen, Landratsämter, Berufsgenossenschaften, die Stadt oder die Rollstuhlfahrer selbst. Teilweise werden die Rollstuhlfahrer auch im Auftrag von Altenheimen, Altenwohnheimen und Pflegeheimen zu Veranstaltungen und Ausflügen transportiert.
Zur Durchführung der Beförderungsleistungen benutzt die Antragstellerin Fahrzeuge der Marke Mercedes-Benz Sprinter. Es handelt sich um neunsitzige Fahrzeuge. Die Sitzplätze neben dem Fahrer und die zweite dreisitzige Rückbank werden jeweils im Fahrzeug belassen. Die hintere dreisitzige Rückbank wird ausgebaut. Dort sind Rollstuhlrückhaltesysteme installiert und eine Auffahrrampe kann angebracht werden, so dass die Rollstuhlfahrer nicht umgesetzt werden müssen. Ausweislich der Fahrzeugscheine sind die Fahrzeuge zur Beförderung von Rollstuhlfahrern zugelassen. Eine Anerkennung als Krankenkraftwagen erfolgte indes nicht. Das Entgelt für diese Beförderungsleistungen wurde von der Antragstellerin als nach § 4 Nr. 17b UStG steuerfrei erklärt und vom Antragsgegner als steuerpflichtig behandelt.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 2005 vom 28.Juli 2008 in Höhe von EUR xx.xxx,xx und Zinsen in Höhe von EUR x.xxx und die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 2006 vom 9.September 2008 in Höhe von EUR xx.xxx,xx sowie Zinsen in Höhe von EUR xxx auszusetzen.
Die Antragstellerin trägt vor, nach Art.13 der 6.EG-Richtlinie 77/388/EWG sei die von ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen durchgeführte Beförderung von kranken und verletzten Personen in dafür besonders eingerichteten Fahrzeugen von der Umsatzsteuer zu befreien. Nach § 4 Nr. 17b UStG sei die Beförderung von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind, umsatzsteuerfrei. Diese Voraussetzungen lägen im vorliegenden Fall vor. Auch wenn nur die dritte Sitzbank jeweils ausgebaut werde und Rollstuhlrückhaltesysteme installiert und die Auffahrrampe angebracht werde, sei dies eine Umbaumaßnahme, die ausreichend sei, um das Fahrzeug als „besonders eingerichtet” zu beurteilen.
Der Antragsgegner beantragt,
dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen.
Nach der Rechtsprechung müsse ein Fahrzeug nach der gesamten Bauart und Austattung speziell für die Beförderung der Rollstuhlfahrer bestimmt sein, um § 4 Nr. 17b UStG anwenden zu können. Der Ausbau lediglich einer von drei Sitzbänken, also nur der hinteren Dreisitzrückbank sei lediglich ein Teilumbau und sei nicht ausreichend für die Steuerbefreiung. Darin unterscheide sich der Fall von dem vom BFH im Urteil vom 12.August 2004 (V R 45/03, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2005, 314) entschiedenen Fall. Ergänzend weist der Antragsgegner darauf hin, dass sich aus der eingereichten Steuererklärung für 2006 eine Nachzahlung in Höhe von EUR x.xxx,xx und Zinsen in Höhe von EUR xx ergeben habe. Dieser Betrag werde durch die Streitfrage nicht berührt. In Höhe dieses Betrags sei daher der Aussetzungsantrag in...