rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Protokollergänzung nach Schluss der mündlichen Verhandlung; Antrag auf vollinhaltliche Übertragung einer auf Tonband aufgenommenen Zeugenaussage in das Protokoll; Fristverlängerung für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde; Akteneinsicht durch Abhören des Tonbandes bei Gericht oder Antrag auf Fertigung einer Tonkopie von der Zeugenaussage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein erst fünf Wochen nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellter Antrag auf Protokollergänzung ist unzulässig, kann jedoch als Anregung zur - jederzeit möglichen - Protokollberichtigung gewertet werden.

2. Ein auf § 160a Abs. 2 Satz 3 ZPO gestützter Antrag auf vollinhaltliche Übertragung einer unmittelbar auf Tonband aufgenommenen Zeugenaussage in das Protokoll ist detailliert zu begründen.

3. Lässt das FG die Revision gegen eine Entscheidung nicht zu, erlischt das Recht auf Übertragung einer auf Tonträger aufgenommenen Zeugenaussage in das Protokoll spätestens nach Ablauf der Monatsfrist für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde.

4. Die einmonatige Frist für die Einlegung einer Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision verlängert sich nicht, weil die beantragte vollinhaltliche Übertragung einer auf Tonträger unmittelbar aufgenommenen Zeugenaussage in das Protokoll nicht innerhalb der Beschwerdefrist erfolgt. Das Recht auf ausreichende Information wird durch die Möglichkeit gewährt, die auf Tonband aufgenommene Zeugenaussage in der Geschäftsstelle des Gerichts abzuhören bzw. einen Antrag auf Fertigung einer Tonkopie zu stellen.

 

Normenkette

FGO § 94; ZPO § 160 Abs. 4 S. 1, § 164 Abs. 1, § 160a Abs. 2 Sätze 2-3, § 160 Abs. 3 Nr. 4, § 161 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 115 Abs. 2 a.F., § 116 (a.F), § 119 a.F.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller (Ast) hatte gegen die ändernden Einkommensteuer (ESt)-Bescheide 1992 – 1994 vom 11. Dezember 1998, welche an ihn als Rechtsnachfolger der … … ergangen waren, beim Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg rechtzeitig Klage erhoben. Aufgrund der – mit einer Beweisaufnahme verbundenen – mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2000 wies das FG die Klage als unbegründet ab. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 25. Oktober 2000 und das an diesem Tage verkündete Urteil 5 K 84/99, das am 2. Dezember 2000 dem Ast mittels Postzustellungsurkunde zugestellt wurde. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2000, auf das im Übrigen verwiesen wird, übersandte das FG dem Ast eine Abschrift des o.g. Protokolls.

Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2000 verwies der Ast auf sein dem FG per Fax am 2. Dezember 2000 mitgeteiltes Begehren und beantragte,

„unverzüglich die fehlenden Angaben/Unterlagen folgen zu lassen.”

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf seine Schreiben vom 2. und 16. Dezember 2000 sowie vom 9. Januar 2001 Bezug genommen.

Der Antragsgegner (Ag) hat sich zu den nach Urteilszustellung übersandten Schriftsätzen des Ast nicht geäußert.

II.

Im Schreiben vom 16. Dezember 2000 ist einAntrag auf Protokollergänzung (1) hinsichtlich der Aufnahme bestimmter Aktenzeichen, eineAnregung zur Protokollberichtigung (2) sowie einAntrag auf Übertragung (3) der unmittelbar auf Tonband aufgenommenen Aussage der am 25. Oktober 2000 als Zeugin vernommenen Frau … … enthalten.

1. Der Antrag auf Protokollergänzung ist unzulässig.

Nach § 160 Abs. 4 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO), der gemäß § 94 Finanzgerichtsordnung (FGO) für Niederschriften im finanzgerichtlichen Verfahren entsprechend gilt, kann ein Beteiligter beantragen, dass „bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden.” Die vom Ast mit seinen Schriftsätzen vom 2. und 16. Dezember 2000 sowie vom 9. Januar 2001 erbetene Angabe der Aktenzeichen in der Strafsache gegen Frau … ist eine derartige Angelegenheit, da § 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO bezüglich seines Anwendungsbereichs zugunsten der Beteiligten weit auszulegen ist (Roth in Stein/Jonas, ZPO-Kommentar, 21. Auflage, Rz 31 f. zu § 160 ZPO; Stadler in Musielak, ZPO-Kommentar, 2. Auflage, Rz 14 zu § 160 ZPO und Hartmann in Baumbach/Lauterbach, ZPO-Kommentar, 57. Auflage, Rz 18 f. zu § 160 ZPO).

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Ast eine Protokollergänzung erst in den Schriftsätzen vom 2. und 16. Dezember 2000 begehrt, also ca. fünf Wochen nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2000. Wird ein Antrag nach § 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO so spät gestellt, ist er nach allgemeiner Auffassung unzulässig (Beschluss des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 30. September 1986 – VIII B 59/85; BFH/NV 1987, 24 m.w.H.). Da der Vorsitzende den gesamten Inhalt der Niederschrift vom 25. Oktober 2000 der Protokollführerin … während der mündlichen Verhandlung diktiert hat, kann dem Ast nicht verborgen geblieben sein, dass die Aktenzeichen in der – zwischenzeitlich eingestellten – Strafsache gegen Frau … nicht von Amts wegen ins Protokoll aufgenommen worden sind. Er hätte deshalb noch während der mündlichen Verhandlung den Antrag stellen können und müssen, dass die o.g. ...

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