Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung von aufgrund Eingabefehlers doppeltberücksichtigten außergewöhnlichen Belastungen; Erkennbarkeit von offenbaren Unrichtigkeiten; Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei Gericht und beim FA

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Fehler im Zusammenhang mit der Erstellung eines Bescheides im Wege der elektronischen Datenverarbeitung insbesondere auch bei Irrtümern des Sachbearbeiters über den tatsächlichen Ablauf des maschinellen Verfahrens können ähnliche offenbare Unrichtigkeiten i.S. des § 129 AO 1977 sein. Insoweit kommt es entscheidend darauf an, ob ein mechanisches Versehen, ein Irrtum über den Programmablauf oder ein die Berichtigung ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt (hier: Doppelberücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen aufgrund eines Eingabefehlers).

2. Eine offenbare Unrichtigkeit i.S. des § 129 AO 1977 muss für den Steuerpflichtigen aufgrund des Steuerbescheides als solche nicht erkennbar sein.

3. Ein Antragsteller kann neben einem in der Verwaltungsinstanz anhängigen Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung auch vorläufigen Rechtsschutz nach § 69 Abs. 3 FGO beantragen.

 

Normenkette

AO 1977 § 129; EStG § 33; FGO § 69 Abs. 3, 2

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob der Antragsgegner berechtigt war, einen Bescheid wegen offenbarer Unrichtigkeit zu berichtigen.

Die verheiratete Antragstellerin beantragte in ihrer für das Streitjahr 1997 abgegebenen Einkommensteuer (ESt) – Erklärung die Durchführung einer getrennten Veranlagung.

Hierzu gab sie in der Zeile 45 des Mantelbogens der Erklärung an, die außergewöhnlichen Belastungen seien bei ihr zu 100% zu berücksichtigen. Ausweislich der beim Antragsgegner über die Antragstellerin geführten ESt-Akten lag der Erklärung allerdings nicht der in der genannten Zeile 45 erwähnte gemeinsame Antrag der Antragstellerin und ihres Ehemanns bei.

Als außergewöhnliche Belastungen wurden in der ESt-Erklärung Aufwendungen für Krankheitskosten mit … DM geltend gemacht. Diese wurden in einer Anlage zu der Erklärung erläutert.

Hierauf wird Bezug genommen.

Auf eine Anfrage des Antragsgegners, in der dieser um Mitteilung der Beträge bat, die im Zusammenhang mit den Krankheitskosten wieder erstattet worden waren, teilte der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerin zunächst mit, im Jahr 1997 seien keine Erstattungen erfolgt.

Ausweislich eines Aktenvermerks vom 5. Juli 1999 teilte die Sachbearbeiterin des Antragsgegners dem Büro des Prozeßbevollmächtigten fernmündlich mit, daß auch zu erwartende Versicherungsleistungen zu berücksichtigen seien. Entsprechend der bei diesem Telefonat geäußerten Bitte um Mitteilung dieser Beträge, gab der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerin dem Antragsgegner mit Schreiben vom 16. August 1999 an, daß von verschiedenen Versicherungsunternehmen für im Jahr 1997 angefallene Krankheitskosten im Folgejahr Erstattungen von insgesamt … DM geleistet worden waren.

Diese Erstattungen zog der Prozeßbevollmächtigte von den im Jahr 1997 gezahlten Beträgen ab und wies die verbleibenden Kosten zutreffend mit … DM aus.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das genannte Schreiben Bezug genommen.

Die Sachbearbeiterin des Antragsgegners zog von den in der Zeile 116 der ESt-Erklärung für 1997 eingetragenen Krankheitskosten von … DM Erstattungen von … DM ab, wodurch sich ein verbleibender Betrag von … DM ergab. Dies hielt die Sachbearbeiterin auch in einem Bearbeitungshinweis fest.

In der vom Ehemann der Antragstellerin beim Antragsgegner abgegebenen ESt-Erklärung für 1997 wurde ebenfalls die Durchführung einer getrennten Veranlagung beantragt. Angaben in Zeile 45 des Mantelbogens der Steuererklärungen erfolgten nicht. Auch wurden in dieser Erklärung keine außergewöhnlichen Belastungen geltend gemacht. In dem gegenüber dem Ehemann der Antragstellerin ergangenen ESt-Bescheid für 1997 vom 22. Juni 1999 wurde ein Gesamtbetrag der Einkünfte von … DM angesetzt.

Bei der am 19. August 1999 erfolgten Durchführung der Veranlagung der Antragstellerin für das Streitjahr 1997 im Wege der elektronischen Datenverarbeitung gab die Sachbearbeiterin des Antragsgegners ausweislich des bei den Akten befindlichen Datenausdrucks im Abschnitt 13 Sonderausgaben/außergewöhnliche Belastungen bei der Kennzahl 62, die sich auf die Beträge der außergewöhnlichen Belastungen vor Abzug der zumutbaren Eigenbelastung bezieht, die Zahl … ein.

Im variablen Eingabebereich im Abschnitt 14 wurde bei der Kennzahl 62, die sich ebenfalls auf die außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG vor Berücksichtigung der zumutbaren Eigenbelastung bezieht, wiederum die Zahl … eingetragen. Bei der Kennzahl 64, welche sich nach der vom Antragsgegner vorgelegten Arbeitsanleitung der Oberfinanzdirektion … über das Programm zur Veranlagung über die Veranlagung im Wege der Datenverarbeitung (Programmanleitung) auf den zu berücksichtigenden Anteil des anderen Ehegatten (hier also des Ehemanns der Antragstellerin) an den außergewöhnlichen Belastungen bezieht, wurde die Ziffer 0 eingetragen....

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