rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen: statische Berechnungen einer anderen Firma als Teil der Handwerkerleistungen für den Austausch von Dachstützen
Leitsatz (redaktionell)
1. Gutachterliche Tätigkeiten, wie z.B. Tätigkeiten, die der Wertermittlung dienen, die Erstellung eines Energiepasses oder Tätigkeiten im Zusammenhang mit einer Finanzierung, stellen grundsätzlich keine Handwerkerleistungen i.S.v. § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG dar.
2. Sollen die schadhaften Holzpfosten, die das Dach des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Hauses stützen, durch Stahlstützen ersetzt werden und verlangt die beauftragte Firma eine statische Berechnung der einzusetzenden Stahlpfosten, so gehören die Aufwendungen für die von einer anderen Firma erstellten statischen Berechnungen zu den Handwerkerleistungen für den Austausch der Dachstützen; dass die mit dem Austausch der Stützen beauftragte Firma die statischen Berechnungen – aus welchen Gründen auch immer – nicht selbst ausführen wollte oder konnte, spricht nicht gegen das Vorliegen einer aus Austausch der Stützen und statischen Berechnungen bestehenden einheitlichen Handwerkerleistung (gegen Sächsisches FG, Urteil v. 8.11.2016, 3 K 218/16 sowie gegen FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 25.10.2015, 3 K 3130/17).
3. Wird ein Vororttermin zur Besichtigung des Daches durchgeführt, so gelten die statischen Berechnungen als „im Haushalt” des Steuerpflichtigen im Sinne des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG durchgeführt (gegen Sächsisches FG, Urteil v. 8.11.2016, 3 K 218/16). Eine Aufspaltung danach, an welchem Ort welcher Teil der Handwerkerleistung erbracht wurde, hält der Senat für „gekünstelt”. Der Gesetzeszweck würde konterkariert, wenn man – dem bloßen Zufall folgend – eine Handwerkerleistung danach aufspaltet, wo die Teile der Arbeitsleistung erbracht wurden, soweit sie letztlich der Wohnung des Steuerpflichtigen zugutekommen (vgl. FG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 26.2.2018, 1 K 1200/17, EFG 2018 S. 1270; gegen FG München, Urteil v. 24.10.2011, 7 K 2544/09).
Normenkette
EStG § 35a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1, Abs. 5 S. 2
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid vom 18. Januar 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2019 wird dahingehend geändert, dass die festgesetzte Einkommensteuer um einen weiteren Betrag i.H. von 107,10 Euro ermäßigt wird.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen.
1. Die verheirateten Kläger werden zusammenveranlagt. Sie wohnen in einem Einfamilienhaus, das in ihrem jeweils hälftigen Miteigentum steht.
Das Dach des Wohnhauses wurde durch Holzpfosten abgestützt, welche sich im Laufe der Zeit verdrehten. Zudem bildeten sich zahlreiche tiefe Risse in der Holzstruktur. Die schadhaften Holzpfosten sollten von der Firma K., Metallbau, X. (nachfolgend: K.) durch Stahlstützen ersetzt werden. Zur Ausführung des Auftrages hielt K. allerdings eine zuvorige statische Berechnung der einzusetzenden Stahlpfosten für „unbedingt erforderlich”, da die Last des „sehr weit überstehenden Hausdaches” durch lediglich drei Stützen getragen werden muss (Bestätigung des K vom 18. Juni 2019, Gerichtsakte, Bl. 67). Diese statische Berechnung führte die Firma […] (nachfolgend: M-GmbH) durch, welche zu dem Ergebnis kam, dass jeweils ein Quadratrohr QR 100 × 5,0 die Dachlasten aus der Dachkonstruktion in die Balkonplatte bzw. das Fundament standsicher übertragen kann (Berechnung vom 21. Juli 2015, S. 2, Gerichtsakte, Bl. 62). „Gemäß statischer Berechnung” wurden sodann die Holzpfosten durch K. im Jahr 2016 ausgetauscht (Rechnung vom 16. September 2016, Gerichtsakte, Bl. 66).
Für die statische Berechnung stellte die M-GmbH dem Kläger eine Rechnung i.H. von 535,50 Euro (einschließlich Umsatzsteuer) aus, mit der ausschließlich Arbeitskosten geltend gemacht wurden (Rechnung vom 28. Juli 2015, ESt-Akte, Bl. 3). Hierin wurden eine Besprechung der Aufgabenstellung vor Ort am 15. Juli 2015, das Erstellen einer statischen Berechnung sowie Nebenkosten abgerechnet. Der Rechnungsbetrag wurde von den Klägern auf das Konto der M-GmbH überwiesen.
2. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr vom 24. Mai 2016 begehrten die Kläger den Abzug von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Moder- nisierungsmaßnahmen „Kaminfeger, Statiker”) im eigenen Haushalt i.H. von insgesamt 564 Euro (brutto).
3. Im Einkommensteuerbescheid des Streitjahres vom 18. Januar 2017 erkannte der Beklagte davon lediglich 28 Euro brutto an „Kaminfeger”) und ließ (gerundet) 6 Euro (20 % von 28 Euro) als Ermäßigungsbetrag für Handwerkerleistungen zum Abzug von der festzusetzenden Einkommensteuer zu (ESt-Akte, Bl. 30).
4. Hiergegen legten die Kläger am 2. Februar 2017 Einspruch ein.
Sie machten geltend, dass die statische Berechnung der M-GmbH erforderlich gewesen sei, um die Holzpfosten austauschen zu können. Um einen drohenden Schaden durch einen möglichen Dacheinsturz vorzubeug...