Entscheidungsstichwort (Thema)
Herstellungs- und Finanzierungskosten zur Erweiterung eines Einfamilienhaus erhöhen den bei der Werbungskostenberechung für das häusliche Arbeitszimmer zu ermittelnden abziehbaren Anteil der Gesamtaufwendungen. Einkommensteuer 1989 und 1990
Leitsatz (amtlich)
Das zur Erzielung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit eingesetzte häusliche Arbeitszimmer bleibt weiterhin Privatvermögen und bildet mit dem Hauptgebäude ein einheitliches Wirtschaftgut. Baumaßnahmen an dem Hauptgebäude und Schuldzinsen aus der Fremdfinanzierung dieser Maßnahmen sind deshalb dem einheitlichen Wirtschaftsgut „Gebäude” zuzurechnen und erhöhen damit den nach dem Verhältnis der Grundflächen zu ermittelnden – und als Werbungskosten zu behandelnden – Anteil des Arbeitszimmers an den Gesamtaufwendungen.
Normenkette
EStG 1990 § 9 Abs. 1 S. 1, § 7 Abs. 5a, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 12 Nr. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung der Einspruchsentscheidung vom 28.4.1995 werden die Einkommensteuerschulden 1989 auf … DM und 1990 auf … DM herabgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt kam Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des durch Kostenfestsetzungsbeschluß festzusetzenden Erstattungsbetrags Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert wird auf … DM festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger (Kl) ist sein längerem Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks … in … Die Gesamtwohnfläche betrug ursprünglich 100 qm. In seiner Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1986 machte der Kl erstmals bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (16 qm, Anteil der Gesamtwohnfläche folglich 16 v.H.) als Werbungskosten geltend. Zu den geltend gemachten Gesamtaufwendungen zählten auch Schuldzinsen in Höhe von … DM, die mit … DM (= 16 v.H.) in die Werbungskosten für das Arbeitszimmer eingingen. Unter den Beteiligten ist unstreitig, daß im Jahre 1986 und insbesondere auch in den Streitjahren 1989 und 1990 die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers vorlagen.
Im Jahre 1988 führte der Kl an dem Grundstück … Baumaßnahmen durch. Nach der Baugenehmigung vom 12.11.1987 handelte es sich bei dem Bauvorhaben um die
„Erweiterung des Wohngebäudes, Errichtung eines Vordaches und einer Dachgaube an der Nordseite des Gebäudes, Vornahme baulicher Änderungen im und am Gebäude”.
Die Baumaßnahmen führten zu Herstellungskosten in Höhe von ca. … DM. Außerdem installierte der Kl eine neuzeitliche Heizungsanlage mit einem Aufwand in Höhe von ca. … DM. Zur Finanzierung setzte der Kl Fremdmittel ein; Ende 1989 belief sich der Stand der Schulden auf ca. … DM. Der Zinsaufwand betrug im Jahre
Nach Abschluß der Baumaßnahmen hatte sich die gesamte Nutzungsfläche (Wohnfläche einschließlich Arbeitszimmer) auf 130 qm erhöht. Dementsprechend sank der auf das Arbeitszimmer entfallende Flächenanteil von 16 v. H. auf 12,3 v.H..
Der Kl machte in den Steuererklärungen der Streitjahre als das häusliche Arbeitszimmer betreffende Werbungskosten auch anteilige Schuldzinsen in Höhe von
1989 |
… DM (= 12,3 v.H. aus … DM) |
1990 |
… DM (= 12,3 v.H. aus … DM) |
geltend. Den begehrten Schuldzinsenabzug lehnte das Finanzamt jedoch sowohl in den angefochtenen ESt-Bescheiden 1989 und 1990 sowie in der ändernden Einspruchsentscheidung vom 28.4.1993 mit der Überlegung ab, daß die Baumaßnahmen des Jahres 1988 das Arbeitszimmer völlig unberührt gelassen hätten; die aus den Kreditaufnahmen herrührenden Mittel seien daher zur Finanzierung des ausschließlich privaten Wohnzwecken dienenden Anbaus eingesetzt worden. Der für die Anerkennung von Schuldzinsen als Werbungskosten erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit liege daher nicht vor.
Dieser Ansicht tritt der Kl mit der Klage entgegen. Zwar befinde sich das Arbeitszimmer im Altbau-Teil des Gebäudes. Altbau und Anbau würden jedoch ein einheitliches Wirtschaftsgut „Gebäude” bilden. Dies bestreite auch das Finanzamt nicht und habe deshalb für das Gesamtgebäude ein einheitliche Abschreibung vorgenommen. Sei aber ein einheitliches „Gebäude” anzunehmen, so könne auch nur von einer einheitlichen Finanzierung ausgegangen werden. Die aufgenommenen Darlehensmittel seien nicht etwa für private Zwecke aufgenommen worden, sondern für das gemischt genutzte Wirtschaftsgut „Gebäude”. Es gehe nicht darum – wie das Finanzamt meine –, ob die Schuldzinsen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Kl stünden, sondern darum, ob die Schuldzinsen zu den Gebäudekosten gehören würden, die anteilig auch auf das Arbeitszimmer entfielen. Für den vollständigen Vortrag des Kl wird auf die Schriftsätze vom 28.5.1993 und 30.8.1993 Bezug genommen.
Der Kl stellt den Antrag,
unter Änd...