Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweislast für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung. Gesellschafter-Verrechnungskonto. ungeklärte Vermögenszuwächse beim Gesellschafter-Geschäftsführer
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Finanzamt trägt die Beweislast (objektive Feststellungslast) für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung.
2. Bei einem Gesellschafter-Verrechnungskonto handelt es sich um nichts anderes als um ein Darlehen der Gesellschaft an den Gesellschafter, welches vergleichbar mit einem Girokonto bei einer Bank geführt wird. Aus hohen Bar-Rückführungen auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto kann jedoch regelmäßig nicht gefolgert werden, dass die Kapitalgesellschaft zusätzliche Betriebseinnahmen in Höhe der Rückführungen erzielt hat.
3. Die fehlende Aufklärung der Herkunft von beim Gesellschafter-Geschäftsführer festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächsen kann regelmäßig nur diesem in seiner Person angelastet werden und bei ihm zu entsprechenden Schlussfolgerungen führen.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Tenor
1. Die Bescheide des Beklagten für die Insolvenzschuldnerin über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag für die Jahre 2007 bis 2014, die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2014, die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf 31. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2013, den Gewerbesteuermessbetrag für die Erhebungszeiträume 2008 bis 2013, die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2013, allesamt vom 19. Juli 2016 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2021, werden dahingehend geändert, dass die Gewinnerhöhungen basierend auf den Feststellungen der Steuerfahndung im Bericht vom XX.XX.XXXX nicht angesetzt werden. Die Berechnung der geänderten Steuerfestsetzungen und Steuerfeststellungen wird dem Beklagten übertragen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt.
Der Kläger ist durch Beschluss des Amtsgerichts XY vom XX.XX.XXXX zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin bestellt worden.
Die Insolvenzschuldnerin wurde am XX.XX.XXXX gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist (…).
[…]
[…]
Ab XX.XX.XXXX erhielt B Arbeitslohn von der Firma C GmbH, welche unter der Wohnanschrift des B (…straße 1, XY) ihren Sitz hat. Die C GmbH organisiert (…). B ist nach Aktenlage weder Geschäftsführer noch Gesellschafter dieser Firma. Einzige nennenswerte versteuerte Einkunftsquelle des B war Arbeitslohn als Geschäftsführer bzw. Arbeitnehmer der genannten Firmen.
Aufgrund einer am XX.XX.XXXX eingegangen Anzeige, in welcher B beschuldigt wurde, Einnahmen persönlich und zu Gunsten der Insolvenzschuldnerin nicht der Besteuerung unterworfen zu haben und dadurch aus unversteuerten Mitteln beträchtliches in- und ausländisches Vermögen angehäuft zu haben, nahm die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts YY Ermittlungen auf. Die Feststellungen sind im Bericht der Steuerfahndungsstelle vom XX.XX.XXXX festgehalten.
Die Auswertung der betrieblichen Buchungsunterlagen und der betrieblichen und privaten Bankkonten des B durch die Steuerfahndungsstelle ergab, dass sich die Aufwendungen für den privaten Lebensunterhalt und die versteuerten Einkünfte nicht decken. Die privaten Aufwendungen, die über die betrieblichen Konten der Insolvenzschuldnerin verbucht wurden, betrugen in den Streitjahren XXX EUR (siehe S. 7 des Berichts der Steuerfahndung vom XX.XX.XXXX). Gleichzeitig hat der Geschäftsführer seine Verbindlichkeiten gegenüber der Insolvenzschuldnerin in Höhe von XXX EUR getilgt, davon XXX EUR in bar. Neben der Tilgung seiner Schulden gegenüber der Insolvenzschuldnerin, zahlte B noch erhebliche Beträge in bar auf seine privaten Konten ein, so dass er in den Streitjahren über ein Barvermögen von mindestens XXX EUR verfügte (siehe Auflistung auf S. 8 des Berichts der Steuerfahndungsstelle vom XX.XX.XXXX).
Den persönlichen Steuererklärungen des B der Jahre 2008 bis 2014 lässt sich entnehmen, dass dieser lediglich Arbeitslohn als Geschäftsführer bzw. Arbeitnehmer der oben genannten Firmen versteuerte. Der durchschnittliche Arbeitslohn belief sich in diesem Zeitraum auf ca. XXX EUR jährlich (siehe Auflistung auf S. 8 des Berichts der Steuerfahndungsstelle vom XX.XX.XXXX).
Die Ste...