Entscheidungsstichwort (Thema)
Unentgeltliche Übertragung eigener Anteile auf den Alleingesellschafter als verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn eine GmbH ihrem Alleingesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen von ihr als eigene Anteile gehaltenen Geschäftsanteil unentgeltlich zuwendet, wohingegen ein fremder Dritter hierfür einen – im Streitfall am Markt unstreitig erzielbaren – Kaufpreis hätte zahlen müssen.
2. Keine Rolle spielt der Umstand, dass der Zuwendungsempfänger als Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer die Übertragung des Geschäftsanteils auf einen fremden Dritten verhindern konnte. Die theoretische Möglichkeit der entgeltlichen Übertragung der eigenen Anteile auf einen Dritten reicht für das Vorliegen eines Vermögensvorteils aus.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1; KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die unentgeltliche Übertragung der eigenen Anteile von der A GmbH auf den Kläger dem Grunde nach (bei fehlender Entscheidungsreife hinsichtlich der Höhe), wie im Einkommensteuerbescheid 2016 vom 05.02.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.08.2021 angenommen, eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt.
2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers.
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger war zu Beginn des Streitjahres alleiniger Gesellschafter der A GmbH. Er hielt zwei Drittel der Geschäftsanteile, das restliche Drittel hielt die A GmbH als eigene Anteile selbst.
Nach § 8 der Satzung der A GmbH konnte eine Verfügung über Geschäftsanteile nur mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erfolgen.
Mit notariellem Vertrag vom XX.XX.2016 verpflichtete sich die A GmbH, den ihr selbst gehörenden Geschäftsanteil von einem Drittel an der A GmbH auf den Kläger zu Alleineigentum zu übertragen. Der Kläger nahm die Verpflichtung an. Eine Gegenleistung war hierfür nicht zu erbringen. In der selben Urkunde wurde sodann die dingliche Übertragung des Geschäftsanteils vorgenommen.
Im Jahr 2019 fand bei dem Kläger eine Außenprüfung statt. Im Prüfungsbericht vom 17.12.2019 vertrat der Prüfer die Auffassung, dass in der unentgeltlichen Übertragung der eigenen Anteile auf den Kläger eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des übertragenen Anteils des gemeinen Werts der GmbH zu sehen sei. Nach den Ermittlungen der Betriebsprüfung habe der gemeine Wert der A GmbH zum 01.01.2016 nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren XXX EUR betragen. Somit sei beim Kläger eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von XXX EUR zu erfassen. Die verdeckte Gewinnausschüttung führe nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zu Einkünften aus Kapitalvermögen und unterliege der Abgeltungssteuer.
Der Beklagte folgte dieser Auffassung und änderte gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) mit Bescheid vom 05.02.2020 die Einkommensteuerfestsetzung 2016 entsprechend. Gleichzeitig hob er den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Hiergegen legten die Kläger am 13.02.2020 Einspruch ein und übersandten ein Wertgutachten nach IDW S1 vom 22.01.2020, nach dem der Wert der A GmbH zum 31.12.2015 XXX EUR betragen habe.
Der Beklagte teilte dem Steuerberater der Kläger mit Schreiben vom 30.04.2021 mit, dass der gemeine Wert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren der A GmbH auf XXX EUR zu korrigieren sei. Der Wert der verdeckten Gewinnausschüttung verringere sich somit auf XXX EUR [gemeint war wohl XXX EUR].
Der Beklagte reduzierte mit der Einspruchsentscheidung vom 26.08.2021 die Einkommensteuer auf XXX EUR, den Solidaritätszuschlag auf XXX EUR, die katholische Kirchensteuer des Klägers auf XXX EUR und die Zinsen zur Einkommensteuer auf XXX EUR. Er ging dabei nun von einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von XXX EUR aus. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit der fristgemäß erhobenen Klage trägt der Klägervertreter vor, dass der Kläger mit dem unentgeltlichen Erwerb des Geschäftsanteils an der A GmbH keine Einkünfte im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG wegen einer verdeckten Gewinnausschüttung erzielt habe. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten löse der unentgeltliche Anteilserwerb schon dem Grunde nach keine verdeckte Gewinnausschüttung aus.
Zu berücksichtigen sei zunächst, dass vorliegend keine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG), sondern allenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG streitig sein könne. Es handele sich bei der verdeckten Gewinnausschüttung auf Ebene des Körperschaftsteuersubjekts und auf Ebene des Gesellschafters um voneinander unabhängige Beurteilungsebenen.
Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr...