Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeldanspruch bei über vier Monate hinausgehender Vollzeiterwerbstätigkeit des volljährigen Kindes zwischen zwei Ausbildungsabschnitten. Kindergeld
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein volljähriges Kind, das zwischen zwei Ausbildungsabschnitten (hier: zwischen erster Staatsprüfung für das Lehramt und der Aufnahme des Referendariats) einer anderweitigen, länger als vier Monate dauernden Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht, ist in diesem Zeitraum kindergeldrechtlich nicht nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigungsfähig.
2. Der Monat, während dessen der bisherige Ausbildungsabschnitt endet und in dem die vorübergehende Vollzeiterwerbstätigkeit aufgenommen wird, ist ein Kürzungsmonat (Bestehen eines Kindergeldanspruchs ohne Anrechnung der Einkünfte aus der Vollzeiterwerbstätigkeit).
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c, S. 2
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen III R 75/04) |
Tenor
1. Der Bescheid vom 30. Juni 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 1999 – jeweils den Zeitraum Januar – Juni 199 betreffend – wird aufgehoben.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich… der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kostengläubiger vor der Vollstreckung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrages Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger hat vier Kinder und zwar die Töchter … und … (geb. am … 1970, am … 1974 und am … 1985) und den Sohn … (geb. am … 1977). Streitig ist der Kindergeldanspruch für die Tochter … für den Zeitraum Januar bis Juni 1999.
Nachdem die Tochter … im Juni 1994 die Abiturprüfung am …Gymnasium in … bestanden hatte, studierte sie seit Oktober 1995 an der Pädagogischen Hochschule zu … Im Juli 1999 erhielt sie das Zeugnis über die erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen ausgehändigt. Den schriftlichen und mündlichen Teil der Staatsprüfung hatte die Tochter in der ersten Hälfte des Monats Juni 1999 absolviert. Anschließend und zwar ab dem 14. Juni 1999 war sie als Angestellte im Jugendamt der … für den Rest des Jahres 1999 als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Für diesen Zeitraum erzielte sie einen Jahresbruttolohn von 23.151,81 DM (Hinweis auf die Lohnsteuerkarte für 1999, Bl. 107 und 109 der FG-Akten). Auf den Monat Juni 1999 entfiel ein Bruttolohn von 1.850,55 DM (Hinweis auf die dem Finanzgericht – FG – vorgelegten Monatsabrechnungen für die Monate Juli bis Dezember 1999 – Bl. 81-86 der FG-Akten).
Die Tochter des Klägers war vom 1. Oktober 1998 bis zum 9. Februar 1999 als Tutorin an der Pädagogischen Hochschule … beschäftigt. Für diesen Zeitraum erhielt sie eine Vergütung von 1.040 DM. Die Angaben in der Lohnsteuerkarte 1999 (Bl. 107 und 108 der FG-Akten), nach der diese Vergütung für den Zeitraum 1. Januar bis 9. Februar 1999 gezahlt worden sei, sind unrichtig. Dies haben die Ermittlungen des erkennenden Senats ergeben.
Unmittelbar im Anschluss an die erste Staatsprüfung bewarb sich die Tochter …um eine Stelle als Referendarin beim Oberschulamt in … Auf ihren Antrag hin hat das Oberschulamt …am 3. Dezember 1999 die Tochter … als Lehranwärterin auf den 1. Februar 2000 eingestellt (Bl. 77 und 78 der FG-Akten). Inzwischen hat die Tochter … die zweite Staatsprüfung bestanden und ist als Lehrerin angestellt.
Mit Bescheid vom 30. Juni 1999 hat der Beklagte (das Arbeitsamt …: im Folgenden: AA) die Festsetzung des Kindergeldes für die Monate Januar bis Juni 1999 aufgehoben. Das monatlich in Höhe von 300 DM gezahlte Kindergeld sollte zurückgezahlt werden. Als Änderungsbescheid ist der Verwaltungsakt auf § 70 Abs. 2 der im streitbefangenen Zeitraum geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes – EStG 1999 – bzw. auf § 175 der Abgabenordnung – AO 1977 gestützt.
Mit Schreiben vom 16. Juli 1999 – eingegangen beim AA am 20. Juli 1999 – hat der Kläger sinngemäß und fristgerecht Einspruch eingelegt. Der Einspruch blieb erfolglos (Hinweis auf die Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 1999).
Mit seiner form- und fristgerecht erhobenen Klage wendet sich der Kläger weiterhin dagegen, dass er für den Zeitraum Januar bis Juni 1999 Kindergeld zurückzahlen müsse. Er ist der Auffassung, dass ihm für diesen Zeitraum das Kindergeld zu Recht gewährt worden sei. Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers wird auf die Klageschrift vom 8. November 1999 verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Kindergeldbescheid vom 30. Juni 1999 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 1999, soweit sie den Zeitraum Januar bis Juni 1999 betrifft, aufzuheben.
Das AA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird auf die Ausführung im Schriftsatz vom 1. April 2003 verwiesen.
Am 4. Februar 2000 fand vor dem Berichterstatter des erkennenden Senats ein Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes statt (§ 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1...