Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Gemeinnützigkeit eines der Völkerständigung dienenden eingetragenen Vereins bei Weiterleitung von rund 10 % der Vereinsmittel als Mitgliedsbeiträge an einen nicht als gemeinnützig anerkannten Dachverband in Deutschland
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung u.a. der Verständigung und Freundschaft zwischen dem deutschen und dem einem bestimmten ausländischen Volk dienen soll, ist mangels ausschließlicher und selbstloser Mittelverwendung für steuerbegünstigte Zwecke nicht als gemeinnützig anzuerkennen, wenn er über Jahre hinweg rund 10 % seiner Eigenmittel ohne konkrete Gegenleistung an einen politisch tätigen, nicht als gemeinnützig anerkannten Dachverband weiterleitet.
2. Es ist anerkannt, dass eine Versagung oder Aberkennung der Gemeinnützigkeit nur bei wirtschaftlich einigermaßen gravierenden oder fortgesetzten Verstößen gegen die Selbstlosigkeitsgebote in Betracht kommt. Soweit das Fehlverhalten unschwer korrigierbar oder künftig vermeidbar ist, können Auflagen in Freistellungsbescheiden gerade bei der Selbstlosigkeit als milderes Mittel genügen. Es handelt sich aber nicht um bloß geringfügige Fehlverwendungen, wenn gemeinnützigkeitsschädliche Zahlungen fortlaufend über mindestens fünf Jahre hinweg erfolgt sind und annähernd ein Zehntel der gesamten Eigenmittel der Körperschaft ausmachen.
Normenkette
AO § 52 Abs. 1 S. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1, 3, §§ 59, 63 Abs. 1; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob das Tätigwerden des Klägers mit Blick auf dessen mögliche Nähe zur in Deutschland verbotenen B (B) als gemeinnützig anzuerkennen ist.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der seinen Sitz in X im Bezirk des beklagten Finanzamts (des Beklagten) hat und dort seit Beginn des Jahres 1999 steuerlich geführt wird. Seiner Satzung zufolge verfolgt er ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung (AO). Satzungsgemäß setzt er sich für die Verständigung und Freundschaft zwischen dem deutschen und dem b Volk ein, indem er alle Maßnahmen unterstützt, die diesem Ziel dienen. Dazu gehören der Satzung zufolge insbesondere die Pflege und Intensivierung der Kontakte zwischen Deutschen und B und von Beziehungen zu den kulturellen, politischen und karitativen deutschen Organisationen und Institutionen, die Ausrichtung von Veranstaltungen kultureller Art in Deutschland und B, die das Verständnis für die jeweils andere Kultur fördern, und die Unterstützung der Forschung auf den Gebieten der b Sprache, Geschichte, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft und der Entstehung kultureller Einrichtungen, die diesem Zweck dienen. Der Kläger soll sich für Frieden, Völkerverständigung, die Freiheit aller Menschen und die strikte Achtung der Menschenrechte, für Demokratie und Selbstbestimmung und für die Gleichheit der Menschen aller Länder einsetzen.
Der Kläger wurde vom Beklagten zunächst – zuletzt durch Freistellungsbescheid vom 30. August 2007 für das Jahr 2006 – als gemeinnützig anerkannt und von der Körperschaftsteuer befreit. In den Jahren 2008 bis 2010 leistete der Kläger jährlich einen Betrag von xxx EUR an den b Dachverband C. Die vom Kläger vereinnahmten Mitgliedsbeiträge beliefen sich in diesen Jahren auf xxx EUR (in 2008), auf xxx EUR (in 2009) und auf xxx EUR (in 2010). Andere Einnahmen hatte der Kläger in diesen Jahren nicht. Weitere Ausgabenpositionen neben den Zahlungen an den Dachverband betrafen insbesondere die Miete für die Vereinsräume von jährlich xxx EUR sowie die darauf bezogenen Nebenkosten und die Beiträge des Klägers zu seiner Haftpflicht- und Rechtschutzversicherung.
Die entsprechenden Angaben zu seinen Einnahmen und Ausgaben tätigte der Kläger auf Formularen, die er im Rahmen einer vom Beklagten angestellten Überprüfung zu den Voraussetzungen der Steuerbegünstigung am 15. April 2011 beim Beklagten einreichte. Der Beklagte erließ daraufhin am 23. September 2011 einen Körperschaftsteuerbescheid für 2010, in dessen Anlage er dem Kläger die Gemeinnützigkeit entzog. Dazu wies er darauf hin, dass der Kläger gegen das Gebot der Selbstlosigkeit verstoßen habe, weil der Verband C nach Auskunft des zuständigen Finanzamts E nicht als gemeinnützig anerkannt sei. Damit liege in den Zahlungen eine Mittelfehlverwendung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO. Es handele sich im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen nicht um einen zu vernachlässigenden Wert und auch nicht um ein einmaliges Versehen.
Mit Schreiben vom 24. Oktober 2011 legte der Kläger dagegen Einspruch ein. Er habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt, da er nicht gewusst habe, dass dem Dachverband die Gemeinnützigkeit entzogen worden sei. Einen entsprechenden Hinweis des Finanzamts habe es nicht gegeben. Vergleichsweise biete er an, dass die Zahlungen künftig eingestellt würden, wenn ihm – dem Kläger – die Gemeinnützigkeit nicht aberkannt werde.
Der Bekla...